Einige Abschnitte dieser 35km langen und holprigen „Buckelpiste“ sind mir, nach dem vor einem Monat mit Chris in diese Gegend erfolgten Ausflug, in bester Erinnerung geblieben. Dann ist es soweit, gegen 0900 am Freitag, 23. Oktober fahren Sandra und ich über sanfte immergrüne Hügel und kleinere Berge mit dem gemieteten Pick-up durch diesen dichten, tropischen Regenwald, der mich irgendwie an Afrika erinnert. Bei ewigem auf und ab geht es ganz langsam über das mehrheitlich unbefestigte Strässchen auf Puama‘u zu, wobei wir dort vor allem der Tiki-Anlage einen Besuch abzustatten wollen. Natürlich verweilten wir hie und da bei eindrücklichen Viewpoints, um in dieser herrlichen und abwechslungsreichen Landschaft einige Bilder zu knipsen. Dabei muss man bei dieser einfach atemberaubenden Aussicht auf das stille und blaue unter uns liegende Meer und deren Küste nicht lange nach Sujets Ausschau halten. Nach einem letzten Stopp an einem kleinen auf einem Küstenvorsprung liegenden Geissen-Unterstand, erreichten wir auf dem teilweise kurvigen und durch den hier oben fast täglich fallenden Regen holprigen sowie durchlöcherten Buckelpiste nach fast 2.5 Stunden Fahrzeit unser heutiges Ziel Puama‘u.
Als erstes suchten wir gleich mal die etwas oberhalb des Dörfchens liegende Tiki-Anlage auf. An diesem am Ende eines kleinen Tals gelegenen Zeremonienplatz scheint
die Zeit vor Jahrhunderten stillgestanden zu sein. Vorab aber aus der polynesischen Götter- und Mythenwelt noch einen kleinen Ausschnitt aus einem für meine Innerschweizer Freundin Ute, aus der
Runde meiner Jasskollegen, recherchierten längeren Beitrag über die Geschichte der Marquesas und speziell über Hiva Oa:
The marvellous legend telling the story of the Marquesas islands creation is still enchanting:
“It was at the time of the initial night. Oatea lived with his wife Atanua. They did not have a house.
One day, Atanua said to Oatea her husband: “What is this life without a house?” Lit up by divine forces on what he ought to do, he was satisfied, and that very
evening the husband called to his wife: “Tonight I will build our house”.
The night was drawing in, Oatea stood up and called upon his forces. Once the invocation finished, he chose the site of the house. Then, having put two pillars
up, he said: “It is Ua Pou!”.
Then, Oatea having taken the ridge tile beam, placed it on the two pillars and attached it with coconut fibre rope and said: “It is Hiva Oa!”
Then, he fixed the front poles, the beam of the porch, the supporting beams and the lower beam. Oatea then fixed the front rafters, starting from the ridge tile
beam up to the long beam, up to the rear stone slabs. He then said: “It is Nuku Hiva!”
What to cover the house with? With coconut palms. The cover was made according to the 9 part technique. He then said: “It is Fatu Hiva!” Oatea dug a hole to
perfect his work even though sunset was night.
The voice of Atanua shouted out: “The luminous image is sparkling.” He then said: “It is Tahuata!”
She added: “We can hear the morning bird songs.” He then said: “It is Mohotani!”
Oatea was still working and did not stop. “I will collect the rubbish and will put it in the hole.” He then said: “It is Ua Huka!”
Atanua then exclaimed: “Beware! Be careful! The land, the land of Men is lighting up.” He said: “It is Eiao!"
And
so it was that in one single night the Land of Men was created!
Hier noch einige ergänzende Infos über die viele Geschichten erzählende Insel Hiva Oa:
Hiva Oa ist eine im südöstlichen Pazifik gelegene Insel, die geographisch zur Südgruppe der Marquesas, politisch zu Französisch-Polynesien gehört. Sie ist nach Nuku
Hiva die zweitgrößte Insel des Archipels. Dabei bedeutet der polynesische Name Hiva Oa übersetzt „langer Firstbalken” und geht auf eine Legende der Ureinwohner zurück: Bei der Errichtung der
„Erde der Männer“ schufen die Götter zum Schluss das Dach, dessen tragender Balken von Hiva Oa gebildet wird.
Dabei waren die ersten polynesischen Siedler offenbar Höhlenbewohner, wie Ausgrabungen von Wohnhöhlen in den 1970er Jahren bei Hanapeteo an der Nordküste von Hiva Oa
gezeigt haben. Sie ernährten sich hauptsächlich vom Fischfang. Aus der Wohnhöhle Hanatukua liegen Radiokohlenstoffdatierungen vor. Das früheste Datum weist auf das Jahr 700 n. Chr.
hin.
In den folgenden Jahrhunderten bildeten sich, wie auf den übrigen Marquesas-Inseln auch, streng stratifizierte Stammesgesellschaften heraus. Zunächst wurden die
strandnahen Bereiche besiedelt mit Zugang zu der wichtigen Nahrungsquelle Ozean. Mit zunehmendem Bevölkerungswachstum okkupierten die Clans die von steilen Felsgraten getrennten Täler und
kumulierten sich um ein zeremonielles und machtpolitisches Zentrum, tohua genannt. Tohua war ein von mehreren steinernen Plattformen stufenförmig umgebener, rechteckiger Platz für zeremonielle
Feste und Versammlungen. Die Plattformen, von unterschiedlicher Größe und Bedeutung, waren sowohl Tempelplattformen (ma´ae) als auch Wohnplattformen (paepae) für die höheren Adels- und
Priesterränge sowie Sitzplattformen für die Häuptlinge (eine Art von Thron). Zur Nahrungsversorgung der wachsenden Bevölkerung wurden terrassierte Felder für den Nassfeldanbau des Taro (ähnlich
wie der Nassreisanbau in Asien) angelegt.
Die Stämme der Insel befanden sich in einem ständigen ritualisierten Kriegszustand. Das waren überwiegend kleinere Geplänkel, die „oft nur zur Beschaffung der
Menschenopfer und der Schlachtopfer für die kannibalischen Feste dienten“. Die Vielzahl von Bergfestungen auf Hiva Oa lässt auf eine kriegerische Gesellschaft schließen. Die Bollwerke waren auf
strategisch günstig gelegenen, schwer zugänglichen Felsgraten angelegt und bestanden aus einem System von Stein- und Erdplattformen, bis zu 3 m tiefen Gräben und mit Palisaden bestückten
Brustwehren. Überreste solcher Befestigungen sind heute noch im Tahauku-Tal unweit Atuona und im Tal von Hanapeteo an der Nordküste zu sehen.
Entdeckt hat die Insel Hiva Oa nach alten Überlieferungen der spanische Seefahrer Alvaro de Mendaña de Neyra. Er landete mit vier Schiffen am 27. Juli 1595, um die
Insel zu kolonisieren und nannte sie La Dominica. Der Versuch der Kolonisation stieß aber auf heftigen Widerstand der kriegerischen Einwohner. Schließlich gab er seine Pläne auf und verließ Hiva
Oa am 5. August 1595.
Dreihundert Jahre später nahm der französische Konteradmiral Abel Aubert Du Petit-Thouars bei seiner zweiten Reise in den Pazifik die Marquesas für Frankreich in
Besitz. Häuptling Iotete, obwohl nur einer von mehreren Stammesfürsten der Nachbarinsel Tahuata, akzeptierte vertraglich am 1. Mai 1842 die französische Annexion für die Südgruppe der Marquesas
und damit auch für Hiva Oa. Trotzdem gab es insbesondere auf Hiva Oa weiterhin Widerstand gegen die französische Oberherrschaft. Erst Abel Bergasse Dupetit-Thouars, dem Adoptivsohn von Abel
Aubert Du Petit-Thouars, gelang es 1880, die Stämme zu entwaffnen und die letzten Widerstände gewaltsam zu beseitigten. Die Marquesas wurden französische Kolonie.
Der Tiki-Zeremonienplatz in Puama’u auf Hiva Oa.
An einer erhöht über Puama’u liegenden Terrasse befindet sich diese große Zeremonialplattform, angeblich die Grabstätte der Königin Vahine Titoiani. Große eindrückliche Stein-Tikis sind in zwei
Ecken der Plattform eingearbeitet.
Hier die berührende Kurzgeschichte dazu:
„Der spätere Mann von Vahines Tochter Pepe, sie war Heilerin und Seherin und wurde später zur Schmetterlings-Priesterin erkoren, Manuiota‘a war der bekannteste damalige Steinmetz. Als Pepe zu
dieser Zeit Schwanger war, schuf Manuiota‘a ein außergewöhnliches 2.7 m hohes Kunstwerk, die größte Skulptur der Insel, der man den Namen Takai‘i gab und die zum Wächter Te I‘iponas wurde. Es
dauerte drei Monde, bis der tonnenschwere Takai'i an seinem Platz stand und vom tuhuka ‘o‘ko, dem Oberpriester des Stammes, geweiht werden konnte. Die na’iki feierten dieses Ereignis mehrere Tage
lang mit Tänzen, Gesängen, Liebesfesten und üppigen Essgelagen.
Aber leider verstarb einige Monate später Pepe während der Niederkunft ihres Kindes. Als Manuiota‘a nach vielen Stunden dieses tragischen Geschehens wieder zu sich kam und aus der Hütte trat,
empfing ihn ein neuer Tag, dessen blinkende Lichter und huschende Schatten sich golden, rosa, blau und silbern im Meer spiegelten. Daraus entschwebte ein prächtiger Schmetterling, der sich
zutraulich, voll Anmut, auf Manuiota’as Schultern niederließ, so als wäre das schon immer sein Platz gewesen. Aus dem hawaiki war Pepes Schutzgeist zu ihm zurückgekehrt. Ein innerer Zwang ließ
ihn nach seinen scharfkantigen Steinwerkzeugen greifen. Bevor er begann, den Leib, den Kopf und die Gliedmaßen seiner sterbenden Frau Pepe und des ungeborenen Kindes aus dem Stein zu hauen, bat
er die Gottheiten, ihm geduldig die Hände zu führen. Manuiota’a arbeitete verbissen, ohne Rast und Ruhe. Nach vier Monden war sein großartigstes und einzigartiges Meisterwerk
vollendet, in das er seine Pein und Not über den ihm unfassbaren Tod seiner geliebten Pepe gemeißelt hatte. Es war eine traurige Prozession, als er mit seinen Freunden, begleitet von
dumpfen Trommelschlägen, die Skulptur Maki'i Tava Pepe's nach Te I‘ipona brachte, wo sie ihren Platz inmitten der Gottheiten des na‘iki-Stammes fand!“
Nach dem Besuch dieser eindrucksvollen Tiki-Anlage löschten wir in einem nahe Snacke unseren Durst und fuhren noch zum Strand hinunter. Aber bald nahmen wir den holprigen Weg zurück nach Atuona
unter die Räder. Nach gut zwei Stunden Fahrt erreichten wir wieder unser Hometown und ich führte Sandra durch den über dem Dorf gelegenen Friedhof um die Gräber von Paul Gauguin und Jacques Brel
aufzusuchen. Gleich anschliessend fuhren wir noch entlang der Küste nach Westen durch diese sattgrüne Landschaft nach Taao’a. Dann ging es zurück zur Ankerbucht, wo wir um 1730 den Pick-up wieder
an die Vermieterin Florence übergaben.
Nach einem kurzen Besuch auf der KYORY ging es um 1830 zurück zur Tankstellen-Pier wo wir beim nahen Port-Unterstand wieder mal was köstliches bei Tahia - eine wirklich hübsche Insulanerin, aber bereits verheiratet mit dem Dorf-Gendarme - aus ihrem von einem 4Personen-Team betreuten Kastenwagen „Meals on wheels“ auswählten! Dabei finden sich jeweils so gegen 40 hungrige Segler und ganze Familien von Einheimischen ein. Kurz nach 2100 tuckerten wir wieder zurück zur KYORY und suchten bald unsere Kojen auf.