Trotz all unseren technischen Widerwärtigkeiten auf der KYORY lassen sich
Sandra und ich nicht demoralisieren. Dies im Wissen, dass wir eh erst Ende April über die Tuamotus nach Tahiti/Bora Bora weiterziehen können. Also werden über die kommenden Wochen hier in Atuona, mit
teilweiser Unterstützung unserer US-Freunde, noch einige alte und eben auch neue Boots-Reparaturen erledigt. Begleitend hatte ich in Europa wieder einige Ersatzteile zu bestellen, wobei sich die
Auslieferung über Tahiti (Zollabfertigung) nach Hiva Oa nicht so einfach gestaltet. So wird also bei uns auch in den kommenden Wochen wieder in die Hände gespuckt... - Dies mit einem schmunzel,
schmunzel! Aber natürlich "ziehen" wir zwischendurch immer wieder einige Ruhetage zum faulenzen ein!
Bevor ich nun einige Details zur Problembehebung meiner Rollreffanlage in den Laptop tippe, hier die Infos zur wirklich leidigen und traurigen Geschichte um das eigentlich inexistente
WiFi/Internet auf Hiva Oa! Somit erfolgte seitens der KYORY-Crew über Wochen auch keine Mail-Beantwortung, keine Skype-Gespräche und kein recherchieren im Internet. Denn seit dem 18.
Dezember ist es hier für uns alle mehr oder weniger unmöglich, sich über den einzigen angebotenen Hotspot „ManaSpot“ ins WiFi einzuloggen. Alle Inseln hier können ausser ManaSpot keinen anderen
Anbieter offerieren. Natürlich verfügt die einte oder andere Yacht eine bessere technische Ausrüstung als wir und sie können mittels der SSB/Pactor-Lösung Kurzmails über Winlink oder Sailmail
versenden. Auch der von der Küstenwache Semaphore eigene angebotene Hotspot wäre noch eine Alternative. Aber auch dieser hat des Öfteren grössere Verbindungsprobleme und leider ist es dort nicht
möglich den Laptop-Akku nachzuladen. Okay, uns wäre noch die Möglichkeit gegeben mit dem Handy oder Iridiuim zu telefonieren. Aber auch hierbei gibt es Verbindungsprobleme und nur wenige
Gesprächsminuten sind choge tür. Und das lange schreiben von SMS war noch nie meine Lieblingsbeschäftigung. Also dann tippe ich schon lieber im Word an meinen Geschichten für den
KYORY-Blog. Wobei ich dann aber zum übertragen von Text und Bildern in den Blog auch wieder über Jimdo (ein wirklich serviceorientierter Blog-Anbieter aus Hamburg) auf eine
funktionierende Internet-Verbindung angewiesen bin. Unsere Geduld wird weiterhin gefordert sein, auch wenn wir vor wenigen Tagen in unserem WiFi-Restaurant Eliane ein kurzes WiFi-Erfolgserlebnis
hatten.
Hier nun für die technisch interessierten Leser einige Infos zur
Reparatur der Rollreffgenua. Wobei der Auslöser dieses Schadens sukzessive auf der langen Pazifik-Etappe entstanden sein muss. Denn in den dortigen Flautezeiten und leichten Winden liess ich die
Genua schon mal einige Minuten flattern, wobei jeweils natürlich auch die Reffanlage so richtig durchgeschüttelt wurde. Verständlich dass in solchen Fällen die Reffanlage mit dem grossen Vorsegel
mehr als nur gelitten haben. In solchen Situationen entscheide ich mich dann meistens mit dem einrollen der Genua noch ein wenig zuzuwarten und lasse sie jeweils noch etwa 15 Min. flattern, in der
Hoffnung dass der Wind wieder anzieht. Aber wir Segler kennen das, kaum ist die Genua zur Schonung wieder eingerollt - kommt wieder Wind mit 15Kn auf!
Somit absolvierte ich nach der Rückkehr nach Atuona einen ersten Masttop-Besuch, um das Rollreff-Problem zu eruieren. Dabei konnte ich schnell feststellen, dass die obersten je zwei Meter langen
Rollreff-Rohre, alle vier Schrauben (M5x12mm) die sie mit dem inneren Verbindungs-Rohrstück (Connector) verbinden, verloren hatten. So baumelten die Rohre lose voneinander am Vorstag. Damit war
klar, dass der 40cm lange Connector inklusive dem aufgesetzten Lager ca. 1.5 Meter tiefer auf das das nächste Lager runter gefallen war. Aufgrund dieser Situation blockierte dann
verständlicherweise die gesamte Rollreff-Einheit! Dabei wurde auf der Höhe dieser sich jeweils langsam lösenden vier Schrauben auch die Genua mit kleineren durchgewetzten Löchern in
Mitleidenschaft gezogen. Nach dem ich wieder das feste Deck unter meinen Füssen hatte, suchte ich David und Chuck auf, um eine Lösungsfindung zu diskutieren. Wir waren uns, nach dem Studium
meiner Rollfeff-Unterlagen und ergänzenden Fotos aus dem Mastbesuch schnell einig, dass ich zwei Optionen zur Schadensbehebung habe: 1. Zu versuchen, den runtergefallenen Rohr-Connector mittels
einem noch zu bastelnden Röhrchen/Klammersystem die 1.5m wieder nach oben zu ziehen um ihn dann neu zu verschrauben. Oder dann halt die KYORY unter Heckanker an die nahe Pier zu
verschieben, um dann den zur Reparatur mehr Zeit und Nerven benötigenden Abbau der gesamten Rollreffanlage samt Vorstag anzugehen! Ich hoffe nun einfach mal für mich, dass ich mit der ersten
Lösungsvorschlag das Problem beheben kann! Für diese Problembehandlung verbrachte ich über die letzten fünf Tage, mehrheitlich wie ein Affe am Vorstag oder Mast baumelnd, total über acht Stunden
im 15m hohen Mast. Dabei versuchte ich erstmal mit verschiedenen Hilfsmitteln das Lager nach oben zu drücken und diesen verflixten Connector wieder raufzufischen und zu verschrauben. Dazwischen
waren am 29. Januar unsere hilfreichen Freunde Chuck&Linda sowie David&Kim auf der KYORY zu einem abendlichen Apéro mit anschliessendem „Hörnli-Auflauf“ eingeladen. Yummy, yummy,
dieses Betty Bossi-Gericht war einfach wieder gut gelungen! Und das sich so spätabends ergebende Musik- und Filmquiz brachte für uns sechs Anwesenden überraschende Übereinstimmungen zu Tage -
wobei es auch viel zu lachen gab! Dabei schoss Kim mit ihrem einfach so aus dem Ärmel geschütteten komplizierten Wort "Supercalifragilisticexpialigetisch" (this in German) aus dem Musical Mary Poppins den Vogel ab!
Am 31. Januar hatte ich es um 1530 endlich geschafft! Yuppi! Nach den diversen
zwischen Mast und Vorstag langwierigen und unter den verrücktesten Verrenkungen probierten Versuchen, brachte ich den Connector, mittels sechs 30cm langen zusammengeschraubten Verbindungsstücken
sowie einem vorne aus einem Drahtkleiderbügel gebogenen Widerhaken, wieder nach oben! Nach dem fixieren des Connectors mittels einem Drahtstück gönnte ich mir auf Deck eine kleine Pause um beim
letzten Aufstieg den Connector wieder mit den beiden 2m-Alurohren zu verschrauben. Am Folgetag kontrollierte ich dann noch während einer schmerzhaften Vorstag-Kletterei in meinem alten
Klettergurt - immerhin hatte nach Beendigung dieses Jobs in luftiger Höhe keine hohe Stimme!? - von oben nach unten alle 32 Schrauben der Rollreff-Rohrverbindungen. Dabei war es für mich dann
keine Überraschung mehr, dass sich 25 dieser Schrauben gelockert hatten. Ich drehte sie dann raus, spritzte ein wenig Loctite rein und verschraubte wieder fest. Aber nun folgte noch eine kleine
Einlage: Wie meinen US-Freunden versprochen, gab ich ihnen noch im Mast-Top mittels einem kurzen Swiss-Jodel zu verstehen, dass ich nun diese Übung erfolgreich abschliessen konnte. Da kam
natürlich Freude auf und mit der bereits am frühen Morgen in die Kühlbox gestellte Champus-Flasche (Sorry, Erwin&Jrmina; nun muss ich für unser „Wiedersehen“ doch mal eine neue Flasche
posten!?) wurde dann um 1730 mit den einfach genialen und lieben David&Kim sowie Cuck&Linda auf der KYORY auf diesen Erfolg angestossen! Von meinem technician-teacher David
konnten Sandra und ich noch lernen, wie die Löcher in der Genua mittel Segeltuch-Teilen und Leim professionell zum Verschwinden gebracht werden können. Auch gab es von ihm noch eine kleine
Nachhilfe bezüglich Segelnähen obendrauf! - Many thanks folks!
Dazwischen boten uns um am 31. Januar gegen 1500 Chuck&Linda mit ihrer
Jacaranda eine nicht so eingeplante filmreife Szene! Die beiden kamen vor drei Tagen wieder zurück in unsere Anchorbay und gingen knapp hinter dem Breakwater vor Anker. Um 1000 an diesem
Morgen informierte uns die Küstenwache, dass gegen 1800 die Taporo9 in unsere Bucht einlaufen werde. Dies hörte auch die Jacaranda im Wissen, dass sie dann vorher noch Anker auf
gehen müssen, um sich einiges tiefer nach hinten in die Buchtzu verschieben. Wir Segler haben uns hier an die vorgegebene gelbe Linie zu halten, damit diese Grossschiffe genügend Manövrierraum
zum Anlegen zur Verfügung haben. Aber leider näherte sich die Taporo9 bereits nach 1500 der Buchteinfahrt - und die Jacaranda hatte noch nicht umparkiert! Unter lauter
Schiffssirene signalisierte der Frachter nun unseren Freunden auf der Jacaranda doch ihren Ankerplatz schleunigst zu verlassen um kein Kleinholz aus ihrer schönen Yacht zu erzeugen.
Chuck&Linda unterbrachen umgehend ihren verspäteten Lunch und gingen schnell Anker auf um vom Frachter weg zu düsen. Damit war diese so nicht geplante Einlage bald vorbei, die
Jacarande lag im hinteren Buchtbereich wieder ruhig vor Anker. Natürlich konnten dann später David und ich es nicht verkneifen, mit einigen lockeren Sprüchen die Jacaranda-Crew
ein bisschen hoch nehmen.
Als uns gegen 1700 David nach einem verdienten kühlen Bier verlassen
hatte, ging es an die Vorbereitung von Poulet-Brüstchen aus dem Ofen sowie einer Reis-Beilage. Dies für die schon vor Tagen zum Dinner auf der KYORY eingeladenen Junggesellen Chris von
der Sagacious und Jean-Luc von der Archibald. Auch daraus ergab sich ein lustiger Abend und nach 2300 paddelten die beiden Jungs (71 und 58 Jahre jung) zu ihren nahe der
KYORY gelegen Booten.
Ja, und dann hatte ich am Nachmittag des 31. Januar noch einen grossen
Auftritt in unserer Ankerbucht. Etwa 20 Meter hinter unserem Boot wurden wir auf eine laute Planscherei
aufmerksam und dachten dabei, dass die allabendliche Fischjagd heute ein bisschen früh los geht. Aber dann sieht Sandra als erstes, dass ein Manta wild mit seinen Flügeln um sich schlägt. Kurz darauf
realisieren wir beide, dass sich der Manta in einer Anker-Tripleine unseres Nachbarbootes verfangen hat und er nun erfolglos versucht sich zu befreien. Aber auf Grund seiner wilden Befreiungsaktion
verhedderte er sich immer mehr in der Leine mit der auf der Wasser schwimmenden Boje. Also nix wie los ins Dingi und langsam tuckere ich auf den armen Manta zu. Ich stelle frühzeitig den Motor ab,
aber wo ist nun die Boje? Ach nein, der Manta hat die Leine mit samt der Boje in die Tiefe gezogen. Aber zum Glück taucht er bald wieder auf und ich stelle fest, dass dieser Manta mindestens eine
Spannweite von 1.8 Metern hat. Zwischenzeitlich schauten diesem Schauspiel bereits einige darauf aufmerksam gewordene Zuschauer von anderen Yachten zu. Und unsere Einschätzung war richtig, die Leine
hatte sich dicht am Körper um seinen linken Flügel verfangen. Als ich probierte den Manta von der Leine zu befreien, gebärdete er sich wie wild und schlug aus Angst mit beiden Flügeln nur so um sich.
Ich versuchte ihn mittels einigen Streicheleinheiten zu beruhigen. Wow, ich konnte es fast nicht glauben und war so überrascht, denn nach wenigen Sekunden hatte ich ihn von dieser verflixten Leine
befreit! - Und schwupp, weg war er!
Dieser für mich erste Kontakt mit einem Manta ging einfach viel zu schnell vorbei. Erst im Nachhinein lief diese geglückte Rettungsaktion nochmals wie ein Film vor meinen Augen ab. Dies war für
mich ein wirklich eindrückliches und unvergessliches Naturerlebnis! Und Sandra klatschte mit mir, mit einem stolzen und erleichterten Lächeln, nach der Rückkehr zur KYORY die rechte Hand
ab! - Dass es zu dieser 1.-Hilfe-Aktion aufgrund meiner schnellen Reaktion keine 1:1-Fotos gibt, ist sicher auch für euch Leser- und Leserinnen nachvollziehbar. Sorry!