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Zur Jahreswende 2019/20 eine informative Dok zum Klima-Engagement der 17-jährigen Schwedin Greta
Thunberg!
Vermehrte negative Äusserungen während einigen Cockpit-Diskussionen um den Sinn des generösen Einsatzes der jungen 17jährigen schwedischen Klimaaktivistin Greta
Thunberg machten mich in den vergangenen Wochen traurig. Da ich aber, wie weltweit viele andere Menschen auch, dieses kleine Mädchen grossartig finde, widmete ich diesem Thema wieder mal einige
Recherche-Stunden in den einschlägigen Netzwerken, und hoffe, dass ich mit diesem informativen Beitrag den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen kann. So entstand, in Ergänzung zu meinen
reinen Segeltörn-Berichten, auch dieser weitere Blog-Beitrag! Aber auch sie werden beim Lesen, dieses mit 38 Seiten wieder „etwas“ längeren Beitrages viel neues und Ihnen heute noch
unbekanntes zu dieser breitgefächerten Klima-Geschichte lernen. Dies dank diesem einzigartigen Mädchen Greta Thunberg aus Schweden! Also springe ich in die Bresche und breche diesmal für Greta
eine Lanze - und ich bleibe auch im 2020 meiner angriffigen Schreibweise treu, wie man mich kennt.
Meine hie und da begleitend einfliessenden Meinungen und Resümees - unter LA (Lang) vermerkt - sind stets rein persönliche Einschätzungen.
Dabei nehme ich aber kein Blatt vor den Mund und komme so halt manchmal es betzeli frech und angriffig daher oder werde, wie auch beim Schreiben dieses Artikel, emotional! Dieser Beitrag gliedert
sich in die folgenden acht Abschnitte:
1. Wer ist Greta Thunberg: Ihre Familie, Gesundheit, Schule und ihr
Engagement als Klimaaktivistin.
2. Für was setzt sie sich ein? Ihr Kampf für den Klimaschutz und ihre
Streikbewegungen gegen den Klimawandel mit ergänzenden öffent-
lichen Auftritten. Ihr spezieller Auftritt vor dem UN-Klimagipfel in NY.
3. Meinungen und Einschätzungen zu Greta Thunberg seitens Wissen-
schaftlern und der Presse.
4. Versuche von aussenstehenden Personen, auf den erfolgreich rollenden
Greta Thunberg-Zug aufzuspringen.
5. Die Familie Thunberg und ein Mentor die beratend hinter Greta stehen.
6. Wohlwollende und kritische Medien-Beiträge.
7. Ihre Auszeichnungen und Ehrungen.
8. Warum ist Greta Thunberg für viele ein willkommenes Objekt, um Kritik
loszuwerden?
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Und ich beginne gleich mit dem ersten von diesen acht Abschnitts-Beiträgen:
1. Wer ist Greta Thunberg: Ihre Familie, ihre Gesundheit, der Schulstreik
und von ihr vertretene Positionen.
1.1 Ihr Leben, ihre Familie, ihre Gesundheitsprobleme und die Schule:
Greta Tintin Eleonora Ernman Thunberg, ist eine gerade diesen 3. Januar
17 Jahre alt gewordene schwedische Klimaschutzaktivistin. Ihr Einsatz für
eine konsequent an den Erkenntnissen der Wissenschaft orientierte
Klimapolitik findet weltweit grosse Beachtung. Die von ihr initiierten
sogenannten „Schulstreiks für das Klima“ sind inzwischen zur globalen
Bewegung „Fridays for Future“ (FFF) gewachsen. Mit den Schulstreiks
möchte sie erreichen, dass Schweden das Übereinkommen von Paris
einhält. Inzwischen ist sie die Repräsentantin der internationalen Klima-
schutzbewegung und wurde 2019 ua mit dem Alternativen Nobelpreis
ausgezeichnet und vom Magazin Time zur "Person of the Year" gewählt.
Geboren ist Greta Thunberg am 3. Januar 2003 in Stockholm, sie ist die
ältere von zwei Töchtern der Opernsängerin Malena Ernman und des
Schauspielers Svante Thunberg. Vom Klimawandel erfuhr sie zum ersten
Mal mit acht Jahren in der Schule; in den Folgejahren begann sie, immer
mehr darüber zu lesen. In diesen Jahren wurde bei ihr das Asperger-
Syndrom diagnostiziert. Greta Thunberg‘s Klima-Engagement habe ihr
dabei geholfen, diese Krankheit mit begleitenden Essstörungen und
Depressionen zu überwinden. Ihr Engagement für den Klimaschutz
begann zunächst damit, zur Energieeinsparung im Haus die Beleuchtung
auszuschalten. Später beschloss sie, nicht mehr zu fliegen und sich vegan
zu ernähren, und mit der Zeit überzeugte sie auch ihre Familie davon.
Im Mai 2018 wurde die damals fünfzehnjährige Thunberg Preisträgerin
eines Schreibwettbewerbs zur Umweltpolitik, der vom Svenska Dagbladet
initiiert worden war. Durch die Veröffentlichung ihres Beitrags entstan-
den gemäß Angaben Thunberg‘s diverse Kontakte zu verschiedenen
Personen, die sie zu ihrem Engagement inspirierten. Kurz darauf begann
sie, sich aktiv in der Öffentlichkeit für den Klimaschutz einzusetzen.
Gegenüber The New Yorker erklärte sie: „Ich sehe die Welt etwas anders,
aus einer anderen Perspektive. Ich habe ein besonderes Interesse. Es ist
sehr verbreitet, dass Menschen im Autismus-Spektrum ein besonderes
Interesse haben.“ Und weiter ergänzte sie: „Und ich mag es nicht, wenn
Menschen das eine sagen und das andere machen.“
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Gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer jüngeren Schwester wirkte sie am
2018 erschienenen Buch (“Szenen aus dem Herzen“) ihrer Mutter Malena
Ernman mit.
Greta Thunberg war im Schuljahr 2018/2019 im Abschlussjahrgang der
9-jährigen Grundschule, die sie trotz ihres Schulstreiks mit hervorra-
genden Noten abschloss. Am 31. Mai 2019 kündigte sie am Rande der
Demonstration in Wien an, nach dem Abschluss zunächst ein Jahr die
Schule auszusetzen (Gap Year), da sie Klimaaktivismus und Schulbesuch
nicht vereinbaren könne. Eine Schulpflicht gilt für sie übrigens nicht mehr,
denn diese endet in Schweden - wie in den meisten anderen europä-
ischen Ländern auch - nach neun Jahren! Ab dem Schuljahr 2020/2021
will sie nach eigenen Angaben ein Gymnasium besuchen.
1.2 Folgende Positionen vertritt Greta Thunberg:
Kernposition Thunbergs ist, dass die Politik viel zu wenig für Klimaschutz
tue und damit unverantwortlich handle, insbesondere gegenüber jungen
Menschen. Sie fordert eine erhebliche Intensivierung der Klimaschutz-
bemühungen weltweit und will so lange weiterstreiken, bis ihr Heimat-
land Schweden die Treibhausgasemissionen um 15 % pro Jahr reduziert.
Hierbei argumentiert sie, Schweden als reiches Land habe die Verpflich-
tung, die Emissionen schneller zu senken als andere nicht so wohlha-
bende Staaten.
Thunberg argumentiert, dass die Biosphäre geopfert werde, damit reiche
Menschen in Ländern wie Schweden in Luxus leben können. Sie verweist
auf globale Ungerechtigkeit und das durch den Menschen verursachte
Artensterben. Sie fordert, dass Staaten wie Schweden und das Vereinigte
Königreich anfangen, ihre Emissionen aus Verbrennung fossiler Energie-
träger um jährlich 15 % zu senken. Um globale Gerechtigkeit gemäß dem
Pariser Klimaabkommen anzustreben, sollten reiche Länder ihre Emis-
sionen innerhalb von sechs bis zwölf Jahren auf null reduzieren und so
Ländern wie Indien und Nigeria den Aufbau von entsprechender Infra-
struktur ermöglichen. Die Menschen sollten durch zivilen Ungehorsam
einen Systemwechsel erwirken, so dass kein Öl mehr gefördert werde.
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Mit Verweis auf die seit 1995 jährlich stattfindenden Klimakonferenzen
und die trotzdem steigenden Treibhausgasemissionen sieht sie Politik-
versagen. Im Dezember 2018 reiste sie zusammen mit ihrem Vater in
einem Elektroauto zur UN-Klimakonferenz in Katowice nach Polen. Dort
traf sie sich mit dem UN-Generalsekretär António Guterres und richtete
den folgenden Appell an ihn:
„Was ich auf dieser Konferenz zu erreichen hoffe, ist die Erkenntnis, dass
wir einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt sind. Denn dies ist die
grösste Krise, in der sich die Menschheit je befunden hat. Zuerst müssen
wir aber dies erkennen und dann so schnell wie möglich etwas tun, um die
Emissionen aufzuhalten, und versuchen, das zu retten, was wir noch
retten können.“
Hier noch ein Auszug aus ihrer späteren Rede im Plenarsaal dieser Klima-
konferenz, wobei sie unter anderem die Schwere der Klimakrise betonte,
die aber von den meisten Politikern noch nicht verstanden worden sei:
„Politiker verhielten sich unverantwortlich und wie kleine Kinder, daher sei
es nun an der jungen Generation, ihre Zukunft selbst in die eigenen Hände
zu nehmen und das zu tun, was die Politik schon lange hätte tun müssen.
Es sei die Aufgabe der Jugend, zu verstehen, was ihr ältere Generationen
mit dem Klimawandel angetan haben, um das Chaos nun aufzuräumen,
mit dem ihre Generation heute leben müsse. Daher müssten junge
Menschen nun selbst dafür sorgen, dass ihre Stimmen gehört würden.
Hingegen werde sie die Spitzenpolitiker nicht weiter anflehen, sich um die
Zukunft der jungen Generation zu kümmern. Vielmehr werde sie ihnen
klarmachen, dass es zu Änderungen komme, ob sie wollten oder nicht. Ihr
eigener Protest, der rasch Nachahmung in aller Welt gefunden habe,
zeige, dass niemand zu unbedeutend sei, um etwas zu bewegen.“
Diese Rede wurde anschließend im Internet viral geteilt. Keine Über-
raschung war, dass Greta infolgedessen unter anderem von Leugnern des
Klimawandels und rechten Politikern kritisiert, angefeindet oder als
„ideologisch verblendet“ diffamiert wurde.
Ihre Klimaschutzaktionen sieht sie als wichtiger an, als in die Schule zu
gehen. An andere Schüler gerichtet sagte sie, sie müssten nicht streiken,
jeder solle selbst für sich entscheiden. Allerdings frage sie sich, welchen
Sinn es habe, in der Schule für eine Zukunft zu lernen, die es schon bald
so nicht mehr geben könnte.
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Daher sei der Streik für sie wichtiger als die Schule. Den versäumten Lern-
stoff hole sie außerhalb des Unterrichts nach. „Einige Leute sagen, dass
ich studieren sollte, um Klimawissenschaftlerin zu werden, damit ich
„die Klimakrise lösen“ kann. Aber die Klimakrise ist bereits gelöst. Wir
haben bereits alle Fakten und Lösungen. Alles, was wir tun müssen, ist,
endlich aufzuwachen um uns zu verändern.“
Als Begründung für ihren Schulstreik, bei dem sie die Schulpflicht ver-
nachlässigte, nannte sie die Zukunftsvergessenheit der
Erwachsenen.
„Wir Kinder tun oft nicht das, was ihr Erwachsenen von uns verlangt.
Aber wir ahmen euch nach. Und weil ihr Erwachsenen euch nicht für
meine Zukunft interessiert, werde ich auch eure Regeln nicht beachten.“
Aus Flugscham und somit zur Vermeidung der CO2-Emissionen von Flug-
reisen reist Greta Thunberg auch zu weit entfernten Veranstaltungen mit
dem Zug, im Elektroauto oder anderen Verkehrsmitteln an. Sie zog zB im
2018 ihre Teilnahme als Finalistin für den Kinder- und Jugendklimapreis
des Energieversorgungsunternehmens Telge-Energi zurück, da die
anderen Finalisten und ihre Begleiter mit dem Flugzeug nach Stockholm
fliegen sollten, aber die Generation der Erwachsenen bereits das CO2-
Budget aufgebraucht habe.
Nachdem am 15. März 2019 in verschiedenen Städten laut Veranstaltern
weltweit über 1,4 Millionen Schüler demonstriert hatten, appellierte
Thunberg, zur Lösung der Klimakrise das Gesamtbild zu betrachten und
sich von der besten verfügbaren Wissenschaft leiten zu lassen. Auch
schrieb Thunberg im März 2019 auf Facebook, dass Kernenergie gemäß
dem Weltklimarat (IPCC) ein kleiner Teil einer sehr großen neuen kohle-
stofffreien Energielösung sein könne, dass sie Kernenergie jedoch für „viel
zu gefährlich, zu teuer sowie zu zeitaufwendig“ halte und sie persönlich
gegen Atomkraft sei.
In einem am 2. Februar 2019 veröffentlichten Interview mit Spiegel
antwortete Greta Thunberg auf die Frage „Ist die Demokratie Ihrer
Ansicht noch das richtige System, um die Krise abzuwenden? Oder wollen
Sie eine Art Öko-Diktatur?“ mit den Worten: „Unsere Demokratie ist alles,
was wir haben. Wir dürfen sie nicht opfern. Und gerade darum müssen
wir jetzt handeln: innerhalb unseres demokratischen Systems.“
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Und in der Ellen DeGeneres Show sagte sie am 1. November 2019, ein
Treffen mit US-Präsident Trump wäre Zeitverschwendung, weil sie ihm
nichts sagen könne, was er nicht schon gehört habe. Von Ellen DeGeneres
zu ihrem Autismus befragt bekräftigte sie, dass sie die Diagnose auch als
Geschenk ansehe: „In einer Krise wie dieser brauchen wir Leute, die noch
ein bisschen anders denken können.“ Befragt, was sie selbst tue, nannte
sie vier Punkte: „Sie habe aufgehört zu fliegen, sie lebe vegan, habe sich
einen Shop Stop auferlegt, kaufe also nur noch das Nötigste ein, und sie
übe auf Leute in Machtpositionen Druck aus.“
2. Für was setzt sie sich ein? Ihr Kampf für den Klimaschutz und ihre
Streikbewegungen gegen den Klimawandel mit ergänzenden öffent-
lichen Auftritten. Ihr spezieller Auftritt vor dem UN-Klimagipfel in NY.
2.1 Was löste eigentlich Greta Thunberg’s Klimaaktivismus aus und wann
kam ihr Kampf gegen den Klimawandel mit öffentlichen Auftritten
und der Streikbewegung so richtig in Fahrt:
Ihr Klimaaktivismus begann während der Dürre- und Hitzewelle 2018, die
weite Teile Europas erfasst hatte, und drei Wochen vor der Wahl zum
Schwedischen Reichstag. Am 20.8.2018, dem ersten Schultag nach den
Ferien, platzierte sie sich mit einem Schild mit der Aufschrift „Skolstrejk
för klimatet“ („Schulstreik für das Klima“) vor dem Schwedischen
Reichstag in Stockholm.
Zunächst agierte sie allein. Am ersten Tag berichteten mehrere
schwedische Medien über Thunberg, so unter anderem das schwedische
Boulevardblatt Aftonbladet auf seiner Internetseite sowie die Zeitung
Expressen. Am nächsten Tag war Greta Thunberg auf der Titelseite der
Stockholmer Regionalausgabe von Dagens Nyheter abgebildet. Thunberg
berichtete von ihrer Aktion auf ihrem Twitter-Konto, das allerdings laut
einer Auswertung damals sehr selten genutzt wurde und nur eine geringe
Verbreitung erfuhr. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Lehrer kritisierten
laut diese Berichte ihrer Streiks, unterbanden ihn aber nicht. Sie führte
dann diesen Schulstreik bis zur Wahl zum Schwedischen Reichstag am
9. September 2018 täglich durch und nach der Reichstagswahl nur noch
freitags einmal pro Woche.
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Und immer mehr kristallisierte sich ihre Fähigkeit heraus, Menschen-
mengen zu begeistern (darunter nicht nur Jugendliche sowie junge
Erwachsene) und als Klimastreikerin fand Greta Thunberg ab 11.2018
viele Nachahmer. Dies zunächst in Schweden, wo sich bald Schülerinnen
und Schüler vor den Rathäusern von rund hundert schwedischen
Kommunen ihrem Protest anschlossen. Es folgten gleichartige Aktionen
unter anderem in Australien, Belgien, Frankreich, Finnland und
Dänemark. Die Jugendlichen, bei denen die Botschaft Thunbergs, sich die
Zukunft nicht stehlen zu lassen, Anklang fand, organisierten sich unter
dem Hashtag #FridaysForFuture.
So streikten in Australien am 30. November 2018 mehr als 10.000 Schüler
gegen den Klimawandel. An diesem Tag waren es auch in Belgien mehr
als 1000 Schüler, die gegen den Klimawandel streikten. Premierminister
Morrison kommentierte die Entwicklung in seinem Land mit den
Worten:
„Wir wollen mehr Lernen und weniger Aktivismus in der Schule. Die
Kinder sollten zur Schule gehen“. Thunberg erwiderte via Twitter: „Tut
uns leid, Mr Morrison. Können wir nicht erfüllen.“ Ähnlich wie ihr
australischer Amtskollege argumentierte im Februar 2019 auch die
damalige britische Premierministerin Theresa May.
Bis Anfang Dezember 2018 hatten sich ihrem Aufruf aber weltweit schon
mehr als 20.000 Schüler in rund 270 Städten angeschlossen. Auch in
Deutschland, der Schweiz und Österreich bestreikten Schüler in verschie-
denen Städten den Unterricht.
Mittlerweile war Greta Thunberg zum Idol der Klimaschutzbewegung
geworden, und trat in den folgenden Monaten bei Protestveran-
staltungen in verschiedenen europäischen Ländern auf.
Unter anderem musste der deutsche Regierungssprecher am Rande der
Münchner Sicherheitskonferenz vom 16.2.2019, die von Angela Merkel
zitierte These, dass es für die Schülerstreiks keinen „äußeren Einfluss“
gegeben habe, widersprechen und „er verwies darauf, dass die Führungs-
elite der Welt seit Jahrzehnten über die existenzielle Bedeutung der
Klimakrise informiert gewesen und im Grunde untätig geblieben sei.“
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Per Bahn fuhr Greta in die Schweiz um vom 23. bis 25. Januar 2019
am 49. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos teilzunehmen.
Dort traf sie prominente Forumsteilnehmer wie Christine Lagarde (IWF),
den Musiker Bono und die Verhaltensforscherin Jane Goodall. An einer
Gesprächsrunde, an der Greta teilnehmen konnte, fand leider am Freitag-
vormittag statt, als schon viele einflussreiche Teilnehmer abgereist
waren. In der abschließenden Fragerunde stellte Greta Thunberg fest,
dass sie die Vertreter der Öl- und Gasindustrie, denen sie gerne persön-
lich ihre „Verbrechen gegen die Natur Erde und die Menschheit“ erklärt
hätte, nicht mehr auf der Tagung vorgefunden habe.
Ihr Auftritt hatte dann wieder mal insbesondere auf Twitter diskreditie-
rende Kommentare, hauptsächlich von männlichen Vertretern des
rechten Spektrums, zur Folge. Diese zielten oftmals auf ihr Alter, ihr
Geschlecht und das Asperger-Syndrom ab. Damit wurde versucht, Greta
als „Person und Individium abzuwerten“, um eine Auseinandersetzung
auf Augenhöhe mit ihren sachlichen Argumenten zu verhindern. Eine
inhaltliche Kritik an Greta Thunberg’s Positionen fand in solchen
Kommentaren überwiegend nicht statt.
Am 21. Februar 2019 sprach Thunberg vor dem Europäischen Wirtschafts-
und Sozialausschuss in Brüssel. Sie forderte, dass die EU den CO2-
Ausstoss bis 2030 um mindestens 80 Prozent senkt. Dabei dürften auch die
Bereiche Luftfahrt und Schifffahrt nicht ausgespart werden. Sie bezog sich
auf die Warnungen des Weltklimarates IPCC, nach dessen jetzigen
Erkenntnissen die Temperaturen um drei bis vier Grad ansteigen könnten.
Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, begrüßte
Greta Thunberg in Brüssel. Ohne Thunberg namentlich zu nennen, sagte
er in einem Interview, er habe zu seiner Zeit als junger Mensch eigentlich
immer nur in seiner „Freizeit“ demonstriert.
Am 22. April 2019 verschärfte Greta Thunberg in London ihre Kritik an
den Politikern und anderen Mächtigen: „Viel zu lange standen die
Politiker und die Leute an der Macht im Weg, ohne irgendetwas zu tun,
um gegen die Klimakrise und die ökologische Krise zu kämpfen. … Aber wir
werden sicherstellen, dass sie nicht länger damit davonkommen.“
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Greta Thunberg nahm am UN-Klimagipfel im Rahmen der jährlichen
Climate Week NYC vom 23. bis zum 29. September 2019 in New York City
und an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teil. Sie wollte
anschließend zur ursprünglich in Santiago de Chile geplanten UN-Klima-
konferenz 2019 reisen. Ende Mai erklärte sie dazu, dass ihre Teilnahme
eine zeitaufwändige Anreise erfordere, da sie Flugreisen ablehne. In
dieser Phase kündigte sie auch ihr einjähriges Schul-Sabbatical an.
Im Juli nahm sie ein Angebot des deutschen Seglers Boris Herrmann an,
den Atlantik mit der Segelyacht Malizia II zu überqueren, deren elektri-
sche Systeme mit Strom aus Hydrogeneratoren und einem Photo-
voltaiksystem betrieben werden. Für alle anfallenden klimaschädlichen
Aktivitäten des Teams Malizia erfolgt nach eigenen Angaben seit 2018
eine Klimakompensation. Am 14. August 2019 legte das Boot mit
Herrmann, seinem Kollegen Pierre Casiraghi, Svante Thunberg, ihrem
Vater sowie dem Dokumentarfilmer Nathan Grossman an Bord in
Plymouth für seine etwa zweiwöchige Überfahrt ab. Am 28.8.2019
traf die Klimaaktivistin in New York ein und wurde von zahlreichen
Sympathisanten begrüßt. Dort wurde sie von 17 von der UN ausge-
sandten Segelbooten empfangen, die jeweils eines der 17 von den
Vereinten Nationen anvisierten Ziele für nachhaltige Entwicklung
auf den Segeln trugen.
Diese vielleicht im Nachhinein nicht so glücklich gewählte Atlantik-
Überfahrt, brachte dann Greta von der Presse noch einige bissige
Kommentare ein, die ich euch hier nicht vorenthalten möchte. Die
deutsche Tageszeitung taz schrieb am 15. August 2019: Thunbergs
Atlantiküberquerung per Segelyacht verursache mehr Treibhausgas-
ausstoß, als wenn die Aktivistin und ihr Vater nach New York geflogen
wären. Die taz berief sich dabei auf die Angabe von Andreas Kling,
Sprecher des Malizia-Teams, dass „etwa fünf Mitarbeiter“ die Yacht
zurück nach Europa segeln würden, wofür sie in die USA fliegen würden.
Zudem werde anschliessend auch Herrmann nach Europa zurück fliegen.
Es fielen also sechs Flüge an statt nur zwei. Am selben Tag sagte Kling laut
Nachrichtenagentur dpa, "diese Rechnung sei ihm bekannt. Es gehe aber
nicht nur darum, mit der Aktion allein das Klima zu retten, sondern man
wolle auch entsprechende Aufmerksamkeit erregen."
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Später erklärte dann Malizia-Sprecherin Holly Cova, es würden nun vier
Mitarbeiter das Boot zurücksegeln, „zwei von ihnen seien bereits in den
USA.“ Da aus Zeitgründen, neben Herrmann, auch der Co-Skipper Pierre
Casiraghi nicht mit zurücksegeln können. - Nobody is perfect!
2.2 Greta Thunberg’s Ansprache vor dem UN-Klimagipfel vom 23.9.2019:
Diese vor der UN in New York gehaltene Rede vor sogenannten
Staatenlenkern hatte mit ihren hochemotionalen Worten „Ihr lasst uns im
Stich!“ aufgerüttelt. Dabei hat diese Rede der 16jährigen Schwedin viele
Menschen tief bewegt - viele hat sie aber auch zu feindseligen Kommen-
taren statt zu sachlicher Kritik veranlasst. Hier den Wortlaut ihrer Rede:
„Meine Botschaft ist, dass auch wir jugendlichen Euch bei eurem tun
beobachten! Und dass ich hier heute vor Euch stehe ist sicher für viele
unverständlich. Denn ich sollte nicht hier sein, ich sollte in der Schule auf
der anderen Seite des Ozeans sein - aber mit meiner heutigen Botschaft
spreche ich Sie und alle jungen Menschen an, um Ihnen Hoffnung zu
geben!
Wie konntet Ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen
mit Euren leeren Worten? Menschen leiden, Menschen sterben, ganze
Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Anfang eines Massenaus-
sterbens und alles, worüber ihr reden könnt, ist Geld und die Märchen von
einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum.“
Wenn Ihr die Situation wirklich verstehen würdet und uns dann immer
noch im Stich lassen würdet, dann wärt Ihr grausam und das weigere ich
mich zu glauben. Wie könnt Ihr es wagen zu glauben, dass man das lösen
kann, indem man so weiter macht wie bislang - und dies mit ein paar
technischen Lösungsansätzen? Ihr seid immer noch nicht reif genug zu
sagen, wie es wirklich ist.
Ihr lasst uns seit Jahren im Stich. Alle kommenden Generationen haben
euch im Blickfeld und wenn Ihr Euch weiterhin dazu entscheidet, uns im
Stich zu lassen, dann entscheide ich mich hier zu sagen: „Wir werden Euch
das nie vergeben! Und wir werden Euch das nicht durchgehen lassen!“
Denn genau hier ziehen wir die Linie. Die Welt wird aufwachen und es
wird Veränderungen geben, ob Ihr es wollt oder nicht!“
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2.3 Ihr wilder Ritt über die Wellen des Atlantiks, um von den USA zurück
nach Europa an die Klimakonferenz vom 2.-13.12.2019 in Madrid zu
gelangen.
Greta Thunberg wollte ursprünglich ohne Anreisestress an der 25. UN-
Klimakonferenz (COP 25) teilnehmen, die vom 2. bis 13. Dezember 2019
in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile stattfinden sollte. Sie
befand sich bereits auf dem Weg dorthin und war gerade in Los Angeles,
als der Präsident von Chile am 30. Oktober 2019 die Konferenz absagte.
Als Grund nannte er die massiven Proteste gegen die Regierung seines
Landes. Zwei Tage später wurde Madrid als neuer Tagungsort festgelegt.
Greta Thunberg twitterte, sie sei offenbar in falscher Richtung um die
halbe Welt gereist, und bat um Hilfe, um im November den Atlantik über-
queren zu können. Teresa Ribera, Spaniens Ministerin für den ökolo-
gischen Wandel, sicherte ihr umgehend Unterstützung zu. Letztlich
nutzte sie aber ein Angebot der australischen Video-Blogger Elayna
Carausu und Riley Whitelum und trat mit ihrem Team am 13. November
2019 auf deren Katamaran La Vagabonde die Rückreise von Hampton
(Virginia) an der Ostküste der USA nach Europa an. Mit an Bord war die
britische Profiseglerin Nikki Henderson. Am 3. Dezember 2019, also 21
Tage nach dem Start an der US-Ostküste, erreichte die La Vagabonde nach
einer beschwerlichen Atlantik-Passage, durch tagelanges schweres und
ungemütliches Wetter, Lissabon.
2.4 Nachdem am 29. November 2019 das EU-Parlament in Brüssel den
„Klimanotstand“ für Europa ausgerufen hat, hofft nun Greta Thunberg
und ihre Mitstreiter auf Taten im 2020!
Das EU-Parlament hatte am 29.11.2019 mit einer Mehrheit von 673 zu
429 Stimmen (wobei übrigens ein Grossteil der Christdemokraten Nein
gestimmt hatten) einen „Klimanotstand“ für Europa ausgerufen. Eine
deutliche Mehrheit der Abgeordneten sprach sich dafür aus, als erster
ganzer Kontinent einen solchen Notstand zu erklären. Das soll nach
Wunsch der Abgeordneten die Dringlichkeit des Themas aufzeigen, aber
konkrete Folgen hat der Schritt vorerst nicht. Der neue EU-Ratspräsident
Charles Michel hat mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz gefordert. „Ich glaube,
große Fortschritte beim Klimaschutz sind möglich. Aber ohne ehrgeizige
Ziele werden wir nichts erreichen!“
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Gleichentags schrieb die Klimaaktivistin Greta Thunberg auf Twitter, die
in diesen Tagen gerade mit der Segelyacht La Vagabonde auf der Atlantik-
Passage zurück von den USA nach Europa befand: Sie begrüsse die
Entscheidung des Europaparlaments den „Klimanotstand“ ausrufen. Sie
habe eben mitten auf dem Atlantik von dem Beschluss der Abgeordneten
erfahren. „Wir können eine Krise nicht lösen, ohne sie als solche zu
behandeln. Lasst uns hoffen, dass die Regierungen jetzt drastische und
hinreichende Maßnahmen ergreifen.“ Sie rief zugleich dazu auf, sich an
den weiteren internationalen Klimaprotesten am Freitag zu beteiligen,
um so Druck auf die politischen Entscheidungsträger auszuüben.
Ähnlich äußerte sich an diesem Tag auch Luisa Neubauer, das deutsche
Gesicht der Klimabewegung Fridays for Future. „Einen Klimanotstand
auszurufen ist kein Selbstzweck“, twitterte sie. “Es ist eine Ansage.
Wir sind gespannt auf die Taten, die diesen Worten folgen werden.
Die Erwartungen sind hoch.“
2.5 Gretra Thunberg hält an der UN-Klimakonferenz, am 11.12.2019, in
Madrid eine weitere eindringliche Rede „Jeder Bruchteil eines Grades
zählt“!
In diesen Tagen, als fast alle Regierungen der Erde in Madrid über den
Kampf gegen die Erderhitzung beraten, haben wieder Hunderttausende
von jungen Menschen mehr Ehrgeiz für dieses Thema eingefordert.
Mit ihrer Rede hat sie die Regierungen wohlhabender Staaten für ihre
Untätigkeit im Kampf gegen den Klimawandel scharf kritisiert. In einer
auf wissenschaftliche Daten zu CO2-Emissionen und die Erderwärmung
gestützten Rede legte die bald 17Jährige Klimaaktivistin eindringlich die
Fakten zu den Folgen dar, sollten die Ziele des Pariser Abkommens zur
Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad verfehlt werden.
Hier einen Auszug aus ihrer Rede in Madrid vom 11.12.2019:
„Jeder Bruchteil eines Grades zählt! Im 2050 Treibhausgas-Neutralität zu
erreichen bedeutet gar nichts, wenn die Emissionen inzwischen noch für
ein paar Jahre weitergehen wie bisher. Denn unser verbleibendes
Budget wird dann aufgebraucht sein“, erklärte die junge Greta Thunberg
unter dem Applaus der Anwesenden.
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Im weiteren monierte sie scharf, dass die Verhandlungen in Madrid so
schleppend vorankämen. „Ich spüre hier überhaupt kein Gefühl der
Dringlichkeit“, warf sie den Politikern vor. Dabei sei die eigentliche
Gefahr, so betonte Thunberg, nicht die Untätigkeit der für die Krise
verantwortlichen Regierungen und Unternehmen, „sondern die Tatsache,
dass Politiker und Konzernchefs es so aussehen lassen, als würden sie
etwas tun“. „Das Jahrzehnt, das in nur drei Wochen beginne, wird unsere
Zukunft definieren“, warnte sie. Die Menschen bräuchten jetzt unbedingt
ein Zeichen der Hoffnung. „Aber es gibt Hoffnung, ich habe es gesehen -
aber sie kommt nicht von Regierungen und Konzernen, sondern vom
Volk.“
Greta Thunberg hatte dabei übrigens wie angekündigt, im Gegensatz zu
ihrer aufsehenerregenden Wut-Rede bei den Vereinten Nationen vom
September beim Klimagipfel in New York, diesmal auf große Emotionen
verzichtet. Vor dem im Kampf gegen die Erderwärmung wichtigen Jahr
2020 wolle sie die Emotionalität aus der Klimadebatte nehmen, „weil die
Leute sich sonst nur daran und nicht an die Fakten erinnern“.
3. Meinungen und Einschätzungen zu Greta Thunberg seitens Wissen-
schaftlern und der Presse.
3.1 Wie steht eine Geoökologin aus Deutschland zu Greta Thunberg:
Am 26.12.2019 verfasste Anke Herold, Geoökologin und Geschäfts-
führerin des Öko-Instituts Freiburg, einen interessanten Artikel unter
„Die Klimakrise ist wirklich Realität!“. Sie schrieb dabei über Hitzerekorde,
Hoffnungsträger wie Greta Thunberg und den europäischen Green Deal:
Dieses Jahr war wie keines zuvor von der Klimapolitik geprägt. 2019
wurde deutlich, dass die Klimakrise nicht erst in ferner Zukunft statt-
findet, sondern Teil unserer Realität ist: Im Sommer wurden in
Deutschland und Europa wieder Hitzerekorde gebrochen, lange Dürre-
perioden führten zu massiven Schäden in unseren Wäldern, der Wirbel-
sturm Ida hinterließ mehr als 1300 Todesopfer in Mosambik und den
umliegenden Ländern und Hurrikan Dorian zerstörte die Bahamas. Feuer
in nie dagewesenem Ausmass wüteten zu Jahresbeginn in Kalifornien
und wüten nun in Australien, aber auch Brandenburg verzeichnete den
grössten Waldbrand in der Geschichte des Landes.
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Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein deutliches Handlungsdefizit!
Und jedes Jahr des Nicht- oder zu wenig Handelns bringt uns näher an
globale Kipppunkte mit Veränderungen, die wir nicht mehr rückgängig
machen können. Dieser tiefe Graben zwischen dem dringend notwen-
digen und dem tatsächlichen Handeln brachte Millionen Jugendliche in
Deutschland, Europa und vielen anderen Ländern auf die Straßen.
Greta Thunberg wurde zur Inspiration für viele Menschen, die die
verbleibende Zeit nutzen wollen, um die Klimakrise zu stoppen. Die
„Fridays For Future“ wurden zu den Hoffnungsträgern im vergangenen
Jahr.
Die deutsche Politik hat bei diesen kreativen Protesten leider nur wenig
bewegt. Das Kohleausstiegsgesetz ist immer noch nicht unter Dach und
Fach, sondern wird voraussichtlich erst im März 2020 im Bundestag
beschlossen - mehr als ein Jahr nach dem Kompromiss der Kohle-
kommission.
Die Regelungen zu den erneuerbaren Energien aus dem Klimapaket -
insbesondere die umstrittene Mindestabstandsregelung für Windener-
gieanlagen - gefährdet das Ökostromziel von 65 Prozent im Jahr 2030
und viele Arbeitsplätze in der Windindustrie. Eine gerade veröffent-
lichte Umfrage des Welt-Energierats zeigte, dass nur elf Prozent der EU-
Energieexperten die deutsche Energiewende als Vorbild für die Welt
sehen und nur 14 Prozent glauben, dass Deutschland seine Klimaziele für
2030 erreichen wird.
Die Umwelt Europas befindet sich an einem Scheidepunkt. Wir haben in
den nächsten zehn Jahren ein enges Zeitfenster, um Maßnahmen zum
Verbrauch an natürlichen Ressourcen drastisch zu reduzieren. Wir
verfügen bereits über das Wissen, die meisten Technologien und die
Instrumente, die wir brauchen, um wichtige Produktionssysteme und
Konsumbereiche wie Stromerzeugung, Mobilität oder Landwirtschaft
nachhaltig zu gestalten. Unser Wohlstand hängt entscheidend davon ab,
ob wir dieses Wissen auch nutzen und die ganze Gesellschaft dafür
gewonnen werden kann, die notwendigen Veränderungen zu unter-
stützen und eine bessere Zukunft zu gestalten.
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Entscheidend wird nun im kommenden Jahr die konkrete Umsetzung
und Ausgestaltung des European Green Deals sein. Dieser enthält viele
wichtige Elemente.
Dazu gehören schärfere Klimaziele in der EU für 2030 und 2050, die
Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen sollen, 100
Milliarden Euro Investitionen in den Umbau zu einer klimaneutralen
Gesellschaft sowie eine Reform der Energiebesteuerung, um endlich die
Subventionierung fossiler Energien einzuschränken. Der Emissionshandel
soll auf die internationale Schifffahrt (eine der grössten Dreckschleu-
dern) ausgeweitet werden, Kommunen und regionale Akteure durch
einen neuen Klimapakt gestärkt werden. Wenn der European Green Deal
gelingt, könnten auch andere Staaten zum Umsteuern bewegt werden
und ein mutiges Europa könnte eine neue Führungsrolle einnehmen.
Das nächste Jahrzehnt muss zu einer Dekade werden, wo die Staaten sich
gegenseitig übertreffen im Ausbau der erneuerbarer Energien, weil diese
die günstigste Energieerzeugung darstellen, und Haushaltsmittel aus dem
Import von Öl und Gas für andere Zwecke freisetzen. Eine Dekade, in der
Passivhäuser oder Plusenergiehäuser zur Regel werden, weil Energie-
effizienz endlich richtig gefördert wird und dabei Wohnkosten gesenkt
werden, wenn viel weniger geheizt werden muss.
Und künftige Ausgaben des "Time Magazin" werden dann hoffentlich
auch mal Politikerinnen oder Politiker zieren, die die Nettonull-
emissionen ihrer Länder schneller als geplant erreicht haben, die
ärmeren Teile der Bevölkerung dabei finanziell entlastet und einen
Technologievorsprung durch nachhaltige Technologien erreicht haben.
3.2 Und wie schätzt der Publizist Kai Strittmatter, im Schweizer
Tagesanzeiger, die Klimaaktivitäten von Greta Tunberg ein:
„Das verrückte Jahr der Greta Thunberg!“ Ein aussagekräftiger
Kommentar von Kai Strittmatter im Zürcher Tagesanzeiger vom
30. Dezember 2019:
Seit ihrem ersten Schulstreik für das Klima ist etwas mehr als ein Jahr
vergangen. Wie die 16-jährige Klimaaktivistin die Weltpolitik verändert
hat - und dabei vor allem auch sich selbst.
(16 Wahrscheinlich waren die aussergewöhnlichsten Tage in diesem
verrückten Jahr der Greta Thunberg jene, an denen ausnahmsweise
einmal gar nichts geschah. Die 14 Tage auf dem Segelboot, zwischen
Plymouth und New York. Sie schlief zwölf, manchmal auch 14 Stunden,
blickte endlos auf die Wellen des Atlantiks, sang "Majas Alphabetlieder"
von A bis Ö; alle schwedischen Kinder lernen damit die Buchstaben.
„Die Fahrt über den Atlantik… es war, als lebte ich mein Leben noch
einmal von Anfang an“, sagte Greta Thunberg nach ihrer Ankunft in den
USA einer Zeitungs-Reporterin.
An Bord der Yacht wollte sie eigentlich auch Reden schreiben. „Aber es
ging nicht. Mein Hirn war leer. Es hat eine Weile gedauert nach unserer
Ankunft, bis ich wieder da war.“. Weg aus der Welt, für einen kurzen
Moment. Und dann zurück mit einer Wucht, die viele überraschte. „Ich
sollte gar nicht hier stehen. Ich sollte in der Schule sein auf der anderen
Seite des Ozeans“, begann Greta Thunberg ihre Rede am 23. September
beim Klimagipfel der Vereinten Nationen.
Sie, die zuvor durch nüchterne Präzision aufgefallen war, die ihre
wachsende Wut stets ruhig in kühle Worte verpackt hatte, hielt ihre
Emotionen diesmal nicht zurück und schleuderte sie den Erwachsenen
dieser Welt entgegen. „Ihr sucht Eure Hoffnung bei mir?“, fragte sie die
in der ersten Reihe beim Klimagipfel versammelten Weltführer, von
denen einige - zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel - zuvor noch
um ein Selfie gebeten hatten.
Und dann packte sie all ihren Zorn in diesen einen Satz, der seither
nachhallt mit der Kraft eines Fluches: „How dare you?“, „Wie könnt Ihr
es wagen?“.
Schon vor dem Trip in die USA war dieses scheue, ernste, eben noch
einsame Mädchen im Laufe nur eines Jahres zu einer - von ihr so nicht
gewollten - Berühmtheit in Europa geworden. Greta Thunberg war zu
diesem Zeitpunkt endgültig zu einem globalen Popstar geworden.
„Right here, right now is where we draw the line!“, „Bis hierher und nicht
weiter!“, hatte sie gesagt.
Sie wurde für diese Rede vor dem UN-Klimagipfel gepriesen.
(17
Aber sie wurde für diese Rede auch verspottet. Und sie hatte am Ende
jener New Yorker Woche drei Millionen Follower mehr auf Instagram als
zu Beginn. Was für eine Woche, was für ein Jahr. Im Rückblick sieht es so
aus, als habe die Welt nur darauf gewartet, dass sich genau zum Ende
jenes verrückt heissen Sommers 2018 genau dieser ernst dreinblickende
Teenager auf den Mynttorgetplatz im Herzen Stockholms setzen würde.
Und mit dabei neben sich das selbstgepinselte Schild „Skolstrejk för
klimatet“, „Schulstreik für das Klima“, und mit leisem, aber vernehm-
barem Zorn diesen Satz aussprechen würde: „Ihr stehlt uns unsere
Zukunft.“ Am 20. August 2018 war das, und an diesem ersten Tag war sie
noch ganz allein.
Was seither passierte, ist kaum zu fassen, ihr Vater Svante Thunberg
nennt es “eine Saga“. Sagas, das sind die Geschichten, die die Alten
im Norden einst niederschrieben, um sie weiterzureichen an ihre
Enkel und deren Enkel.
Greta Thunberg sprach in diesem Jahr ua vor dem italienischen Senat
und vor dem EU-Parlament, vor dem britischen Unterhaus und vor den
Vereinten Nationen. Das US-Magazin Time kürte sie zu einer der hundert
einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2019. Das Collins Dictionary
wählte den von ihr erfundenen „Climate strike“, den „Klimastreik“, zum
Wort des Jahres 2019. Greta Thunberg traf in Rom den Papst und liess
sich in Washington von Barack Obama das „fist bumping“ erklären, den
„coolen Faustgruss“.
Sie sass in diesen US-Tagen im kalifornischen Sonnenuntergang auch mit
Leonardo DiCaprio und war Radfahren mit Arnold Schwarzenegger, der
sie zu seiner «Heldin» erklärte. Sie reiste zu den Gegnern einer Ölpipeline
in Dakota, wo ein Sioux-Führer ihr den Namen „Mahpiya Etahan hi wi“
verlieh: „Die Frau, die vom Himmel kam.“
Was man leicht vergisst angesichts der Bilder dieses Jahres: Greta
Thunberg kam nicht vom Himmel, sie war der Hölle entstiegen. Jahrelang
hatte sie an schweren Depressionen gelitten, sprach mit niemandem
ausserhalb ihrer Familie, und litt an Essstörungen.
(18
Früh war bei ihr das Asperger-Syndrom diagnostiziert worden, eine
Variante des Autismus. Und man sieht es ihr an, sie ist gezeichnet von
dieser traurigen Krankheit.
Als Greta in die fünfte Klasse kam, ging es ihr immer schlechter. „Unsere
Tochter verschwindet in einer Art Dunkelheit“, notierte damals ihre
Mutter. „Sie hört auf zu lachen. Sie hört auf zu reden. Und sie hört auf zu
essen“. Kinder mit dem Asperger-Syndrom haben es nie leicht. Sie fallen
auf. Greta wurde in der Schule ausgelacht, ausgegrenzt, geschlagen.
Als sie elf war und Filme über Umweltzerstörung gesehen hatte, kam
etwas Neues dazu: die Angst um den Planeten. „Ich hatte das Gefühl,
nichts macht mehr Sinn, wo wir doch ohnehin alle sterben werden“,
sagte Greta Thunberg. Sie verlor zehn Kilogramm, hörte auf zu wachsen.
Die Eltern notierten akribisch ihre Mahlzeiten: „Frühstück: 1/3 Banane.
Dies in der Zeit von 53 Minuten.“
Das britische Mode- und Kunstmagazin i-D hob Greta Thunberg in diesem
Frühjahr auf den Titel als „das Mädchen, das die Welt veränderte“. Was
da nicht stand: Dieses Jahr hat auch das Mädchen verändert. Es war ein
Wendepunkt, als sie erleben durfte, dass man ihr zuhört.
Die Mutter, Malena Ernman, tat den ersten Schritt vor mehr als drei
Jahren schon: Sie, die als Opernsängerin in Tokio, in Madrid und Wien
aufgetreten war, gab Greta zuliebe das Fliegen auf. Und der Vater
begann, wie seine Tochter vegan zu essen, er sagt: „Greta war so
glücklich. Ihre Worte machten einen Unterschied. Sie wurde gesehen.“
Diese Erfahrung, sagte Greta Thunberg, habe ihr aus der Ohnmacht und
der Depression geholfen. “Ich sah, dass ich Leute dazu bringen konnte,
sich zu ändern.“ Greta Thunberg hat all die „Friday-for-Future“-Gruppen
nicht geschaffen, aber sie war ein Auslöser. Eine globale Bewegung hat in
ihr das Gesicht gefunden, nach dem sie offenbar gesucht hatte, jetzt, da
die Temperaturen steigen, da eine Kette immer neuer Naturkata-
strophen den Menschen die Klimaerwärmung mit einem Mal um die
Ohren bläst.
Es wird von Tag zu Tag schwerer wegzuschauen, wegzuhören. Und dann
erklingt da diese Stimme, leise und hell, in der Aussage messerscharf.
(19
Eine Stimme, die verzichtet auf den sonst üblichen Puffer aus Höflichkeit
und Rücksichtnahme. Ein Teenager, der in seiner Willensstärke und
Konsequenz fast ein wenig unheimlich erscheint. „Ihr seid nicht reif
genug, die Fakten auszusprechen“, sagte sie in New York: „Ihr lasst uns
im Stich.“
Dieses Jahr hat fast alles verändert. Eines jedoch nicht. Die Botschaft der
Greta Thunberg ist noch immer dieselbe, sie verbreitet sie immer und
immer wieder: „Hört den Wissenschaftlern zu! Hört den Wissenschaft-
lern zu! Hört endlich den Wissenschaftlern zu! Jenen vom Klimarat der
Vereinten Nationen etwa, die sagen, dass wir unsere Politik und unser
Leben schnell und radikal ändern müssen, dass der Punkt nur mehr ein
Jahrzehnt entfernt ist, an dem alles kippen kann, von dem sich unsere
Erde nur unschwer wird erholen können! Es wird zu katastrophaleren
Hitzewellen als bisher kommen, mit Dürren, Fluten, der Zunahme
extremer
Wetterphänomene wie Wirbelstürme sowie auch gesellschaftlichem
Aufruhr und riesigen Flüchtlingswellen.“
Man hat Greta Thunberg vorgeworfen, die Dinge allzu sehr in Schwarz
und Weiss zu zeichnen. Aber, antwortet sie dann, geht es denn nicht um
das Überleben der Menschheit? Aus ihrer Sicht ist es einfach: „Entweder
wir stehen hinter der Wissenschaft oder wir tun es nicht. Entweder wir
stoppen die Emissionen oder nicht. Entweder wir machen weiter als
Zivilisation oder nicht."
Greta Thunberg wurde radikal und naiv geheissen. Das Irritierende an
dieser Kritik ist: Greta Thunberg und all die anderen Schüler fordern
nichts anderes als die Einhaltung eines Versprechens, das die Politiker
der Welt längst gegeben haben. Sie verlangen, dass am Ende die
Klimaerwärmung die 1,5 Grad nicht übersteigt, pochen auf das Pariser
Klimaabkommen, das 196 Staaten 2015 unterschrieben haben, um
dessen Umsetzung sich aber fast alle drücken. Als gebe es ein
Menschenrecht auf Nichtstun und Verdrängung.
Mitte November machte sich Greta Thunberg nach ihrem amerikani-
schen Abenteuer auf den Weg zurück nach Europa, wieder klima-
freundlich auf einer harten Atlantik-Überquerung per Segelboot,
diesmal zum Klimagipfel in Madrid.
(20
Aber auch hier erlebte sie wieder, wie Politiker sehr viel redeten und
wenig handelten. Den Nordischen Umweltpreis, den man ihr in ihrer
Heimat verleihen wollte, lehnte sie ab. Dies mit der Begründung: „Wir
brauchen keine weiteren Preise“, sagte sie. „Wir brauchen Politiker, die
endlich handeln.“
Die Vereinigten Staaten und Brasilien verlassen das Pariser Abkommen,
Länder wie Deutschland schnüren Klima-Paketchen, die möglichst
keinem wehtun sollen. „Die öffentliche Debatte hat sich gedreht“, meinte
Greta Thunberg schon im Frühjahr in Stockholm. „Aber die CO2-
Emissionen steigen noch immer, und so wächst die Hoffnung, aber es
wächst auch die Verzweiflung.“
Ein scheues, einsames Mädchen brach auf, die Welt zu ändern. Was
Greta Thunberg sagt, ist nicht neu. Alle wussten es. Aber auf wunder-
same Weise gelang es ihr, den Menschen dieses Wissen begreifbar zu
machen und die Bedeutung seiner schrecklichen Konsequenzen aus den
Kammern ihres Vergessens zu holen. Jetzt ist sie sowas wie ein Popstar,
ein Status, der ihr selbst herzlich egal ist, den sie aber gerne nutzt, weil er
Aufmerksamkeit bringt für ihren Kampf gegen die sich anbahnende
Klimakatastrophe.
Und natürlich ist diese Aufmerksamkeit ein zweischneidiges Schwert,
weil sie sich zuerst auf ihre Person richtet. Das gilt für den Greta-Fanklub,
der sie in seiner Verzückung bisweilen behandelt „wie ein Kätzchen auf
einem Einrad“ (Dagens Nyheter).
Und das gilt für die Geiferer, die der „verzogenen Göre“, so der britische
Motorsport-Journalist und TV-Star Jeremy Clarkson, ein „Wie kannst du
es wagen…“ zurückschleudern: „Wie kannst du es wagen, uns in unserer
Bequemlichkeit zu stören?“ - LA: Ja, so versucht sich die Autobranchen-
Lobby zu wehren!
Im chinesischen Zen-Buddhismus gibt es das Sprichwort von den
Dummen, die auf den Finger schauen, wenn der Finger auf den Himmel
zeigt. Der Finger hier ist Greta Thunberg. Der Himmel, das ist die Klima-
katastrophe. - Und die Dummen, das wären dann wir!
(21
3.3 Spiegel-Kolumne von Klaus Brinkbäumer: Warum das „How dare you“,
„Wie könnt ihr nur…!“ von Greta Thunberg berechtigt ist!
Klaus Brinkbäumer war zuletzt Chefredakteur des „Spiegel“ und arbeitet
heute als freier Autor unter anderem für „Die Zeit“. Für den Tagesspiegel
schreibt er seine wöchentliche Kolumne über Sprache und Politik.
Die 16-jährige Greta Thunberg hat die Kommunikation zwischen den
Generationen mit ihrem unvergleichlichen Auftreten und Tun verändert.
Jetzt sind es die Kinder, die die Eltern tadeln - und dies zu Recht.
Wenn eine Beziehung zwischen Eltern und ihrem Kind die Zeit bekommt,
reifen zu können, dann wandelt und rundet sie sich. Für die Kommu-
nikation, Instrument jeder Beziehung, gilt das auch. Am Anfang blubbern
Babys Laute wie „bwww“, und die Eltern glauben an die Einzigartigkeit
dieses Wesens und machen gleichfalls „bwww“. Von da an wird’s
um einiges diffiziler.
Kinder lernen sprechen, lesen, schreiben, werden Teenager. Es kommen
Abnabelung und Rebellion, große Forderungen und Träume und die Wirk-
lichkeit, es gibt Phasen der Nähe und des Schweigens, und natürlich gibt
es irgendwann Erinnerungen, gab es Fehler, gibt es Vorwürfe.
Warum hat der Vater nie über Liebe oder andere Gefühle gesprochen?
Warum war der Sohn so schroff, wieso entzog er sich? Wenn es gut geht,
verstehen Kinder und Eltern einander am Ende des gemeinsamen Weges,
versöhnen sich und dann helfen die Kinder den alten Eltern.
Greta Thunberg, 16jährig, hat vor den Vereinten Nationen den Halbsatz
des Jahres gesagt: „How dare you.“, „Wie könnt ihr nur …“! Damit sagte
und meinte sie berechtigter weise vieles: Seit den achtziger Jahren von
der Klimakrise wissen und passiv bleiben; noch immer über ewiges
Wirtschaftswachstum reden; und uns Kindern die Zukunft rauben!
Somit übernahm dieses Kind an diesem Tag des 23.9.2019 in New York
eine Mutterrolle. Es tadelte, erzog. Streng war Thunberg und wütend und
frei: Sie wollte keine Wärme (der Beifall irritierte sie), will nichts werden
und keine Kompromisse ergaunern, sie will einfach nur, dass die Erwach-
senen die Klimakrise zum wichtigsten aller Themen erklären und
handeln. Diese Radikalität ist kindlich naiv und im konkreten Fall die
einzig erwachsene Position!
(22
Das Greta so ungewollt nebenbei ein sogenannter Popstar wurde ist
nebensächlich. So liess zB Angela Merkel in NY ein Foto von sich und
Thunberg posten - nicht umgekehrt. Und der Psychopath Donald Trump
verspottete Thunberg via Twitter und jammerte, dass er „für viele Dinge“
einen Nobelpreis bekommen müsste. Wer von den beiden ist das Kind?
Der überkonservative „Breitbart“-Kolumnist John Nolte fragte gross-
väterlich, ob Greta eher „eine Tracht Prügel oder eine psychologische
Intervention“ brauche.
Diese mitdenkenden Kinder sind nach der Jahrtausendwende geboren.
Sie werden das Jahr 2050, 2070, 2090 erleben. Vom Zwei-Grad-Ziel ist
stets die Rede, aber die Erderwärmung macht dort nicht halt. Im Jahr
2100 kann sich die Erde, wenn der CO2-Ausstoß nicht gestoppt wird, um
zusätzliche Grade erwärmt haben. Mein Sohn könnte gute Chancen
haben, im Februar 2119 hundert Jahre alt zu werden. - Wer wird dann
wo auf der Erde leben können?
„Schämt euch“, den Satz sagten unsere Grosseltern zu unseren Eltern -
als diese Kinder waren! Auch die heutigen Kinder, die freitags die Schule
schwänzen und demonstrieren, hören ihn und wissen, dass sie die Eltern
brauchen.
Aber nur die Eltern von heute können jetzt Gesellschaftsordnungen und
Lebensweisen verändern, denn nur sie haben die politische Macht dazu.
„Schämt euch“ ist ein Satz, den einst unsere Großeltern zu unseren Eltern
sagten; damals, als unsere Eltern noch Kinder waren. Sprache verändert
sich, auch deshalb ist die Verständigung zwischen den Generationen so
schwierig.
Nun ist aber dieser kurze Satz auf eindrückliche Weise zurück gekehrt.
Heute sagen die Kinder „Schämt euch!“ zu uns! Und sie wissen und wir
wissen, dass unsere Kinder recht haben! - Und nun wird es Zeit!
(23
3.4 Mit ihren Beleidigungen gegenüber Greta Thunberg entlarven sich ihre
Gegner nur selbst! Erwachsene Männer, teils mit großer Reichweite,
fahren eine regelrechte Hetzkampagne gegen die 16-jährige Schwedin.
Das ist unerträglich und vielsagend zugleich!
Dazu ein Kommentar von Till Eckert:
Die Schwedin Greta Thunberg, 16 Jahre jung, kämpft für eine bedachte
Klimapolitik. Sie sieht das Weltklima in einem fatalen Zustand, plädierte
auf sofortiges Handeln von Politik, Grosskonzernen, Wissenschaft und
Medien. Die Klimaziele müssten eingehalten werden. „Ich will nicht eure
Hoffnung, ich will, dass ihr in Panik geratet“, sagte sie jeweils an ihre
Zuhörenden gewandt.
Das ist doch eine tolle Sache, sollte man denken: ein junger Mensch
macht sich Gedanken über Zustand und Zukunft unseres Planeten, rüttelt
auf, findet auf wichtigen Kongressen eindringliche Worte.
Doch einige Reaktionen darauf, insbesondere auf Twitter, sind eigentlich
unfassbar: Dutzende erwachsene Männer halten es für angebracht,
Greta Thunberg und ihre Eltern persönlich anzugreifen und öffentlich zu
diskreditieren.
Dabei sind Altersdiskriminierung, Sexismus usw deren Schlagwörter.
Mit an vorderster Front voran der Rechtsanwalt Steinhoefel, Blogger und
Ex-Moderator. Er nutzt seine Reichweite, um dieses Mädchen wie folgt an
den Onlinepranger zu stellen: „Ein 16jähriges Mädchen, altklug und
verhaltensgestört, von Untergangsphantasien verfolgt und von der Idee
besessen, die Welt retten zu müssen, wird innerhalb weniger Wochen zur
Ikone einer neuen Jugendbewegung. Mit dem Missbrauch Minderjähriger
kennen sich ja die Grünen aus!“.
Sowas käme dabei heraus, wenn Eltern Kindern keine Gute-Nacht-
Geschichten vorläsen, schreibt er in einem Tweet, in einem anderen
nennt er Thunberg altklug und verhaltensgestört und fantasiert davon,
wie die Grünen sie für ihre Sache instrumentalisieren würden.
Diese Tweets wurden und werden jeweils von mehreren Hundert
Menschen geliked und re-tweetet. Und so steht da tausendfache
Diskriminierung gegen eine Jugendliche im Netz, frei zugänglich für alle.
(24
Dass dabei viele Menschen seine Auffassung zu teilen scheinen und
andere, wie etwa der Welt-Chefredakteur oder weitere, eigentlich
gemässigtere Journalisten auf den Anti-Greta-Zug aufspringen, offenbart
einige tief sitzende Charakterschwächen in der (männlichen)
Gesellschaft. Sie betreiben freimütig Altersdiskriminierung, Thunberg ist
16; Sexismus, Thunberg ist ein Mädchen; sie hat das Asperger-Syndrom,
eine Form des Autismus. Sie führen diese Dinge an, um Thunberg als
Person und Individuum abzuwerten und wollen verhindern, dass ihre
Argumente ein Gehör finden.
Ihre Tweets sagen dadurch natürlich mehr über den psychischen Zustand
dieser Männer aus als über Thunberg. Wer mit solchen Methoden die
Deutungshoheit für sich konstatiert, entlarvt sich selbst als Parade-
beispiel der Rückständigkeit!
Übrigens liefert dieser sogenannte Autor auch andernorts fragwürdige
Beiträge zum Thema, indem er die Einflussnahme durch Organisationen
auf Thunberg zum Thema macht und sie sogar „psychisch krank“
nennt. Der Autor will offensichtlich moralisieren, schlägt aber in die
gleiche problematische Kerbe: Er spricht Greta Thunberg ebenso ab, dass
sie zu eigenständigen, bedachten Gedanken und Entscheidungen fähig
ist. - Oh Himmel, das arme Kind, „missbraucht“ durch Eltern und
„Organisationen“!
Greta Thunberg inspiriert Menschen zu Diskussionen. Und dabei hat sie
schon lange einen Umgang auf Augenhöhe verdient! Würde man all die
persönlichen Angriffe der Twitter-Schreihälse auf Thunberg von ihren
Argumenten subtrahieren, blieben keine mehr übrig. Die eigentliche
Frage ist ohnehin, wieso all diese Männer konstant über Thunberg’s
vermeintlich fehlende Eignung zur Debatte schwadronieren, anstatt auf
ihre Gedanken einzugehen.
Die Profilierungssucht Erwachsener gegenüber jungen Menschen und
deren Diskreditierung ist schon lange ein Problem. Wie allen anderen
Menschen könnte man Greta Thunberg ja alternativ auch aktiv zuhören,
widersprechen, wenn sie falsch liegt, Gegenargumente, ja sogar Kritik an
ihren Aussagen oder den Menschen im Hintergrund hervorbringen. Ruhig
und auf Augenhöhe einfach das tun, was einen respektvollen Diskurs
ausmacht.
(25
Aber jungen Menschen, noch dazu einem Mädchen mit Autismus,
mit Argumenten zu widersprechen, das würde ja bedeuten, man müsste
offener denken, über seinen Schatten springen, sein stereotypes Welt-
bild hinterfragen - Dinge, die insbesondere Männern schwer fallen!
4. Ein Versuch auf den erfolgreich rollenden Zug von Greta Thunberg
aufzuspringen.
Eine von Greta Thunberg zurückgewiesene Vereinnahmung durch
die Plattform „We Don’t Have Time.“
Vom 20. August 2018 an berichtete die vom PR-Manager und
Börsenspezialisten Ingmar Rentzhog 2017 gegründete schwedische
Aktiengesellschaft We Don’t Have Time AB über Facebook, Twitter und
YouTube über Thunbergs Schulstreiks. In einem Interview mit dem
Svenska Dagbladet erklärte Rentzhog: „Ich habe dann guten Kontakt mit
Greta und ihrer Familie bekommen. Ich habe Greta dann auch mit einer
Menge geholfen und dazu auch mein Kontaktnetzwerk verwendet.“ Laut
Prospekt generiert We Don’t Have Time AB virale Umweltinhalte und will
damit Geld verdienen. Die Gesellschaft möchte 10 Prozent ihrer Gewinne
in einen gemeinnützigen Fonds weiterleiten. Im Oktober 2018 wurde
Greta Thunberg ohne ihr Wissen zur Ratgeberin des Stiftungsvorstands der
Gesellschaft. Am 27. November 2018 kündigte We Don’t Have Time AB
eine Aktienemission an und nutzte den Namen „Greta Thunberg“ elfmal
im Werbeprospekt für den Börsengang. Im Dezember wurden bei der
Aktienemission 10 Millionen SEK erzielt. Ende Januar 2019 teilte dann
We Don’t Have Time AB in einer Pressemeldung mit, dass Greta Thunberg
ihren Platz als Ratgeberin des Stiftungsvorstands verlassen
habe.
Greta Thunbergs Vater kommentierte im Anschluss daran:
„Sie hat keine Verbindung mehr dazu. Sie will nicht mit irgendeiner
Organisation in Verbindung gebracht werden. Ob ideell oder nicht.
Sie will einfach ganz frei sein.“
(26
5. Einiges Wissenswertes von der Familie Thunberg und dem Mentor, die
beratend hinter der Klimaaktivistin Greta Thunberg stehen.
5.1 Dazu eingangs ein bewegendes BBC-Interview mit Svante Thunberg,
Vater von Greta Thunberg, vom 30. Dezember 2019 mit dem Titel:
„Es war der ultimative Albtraum!“
In einem BBC-Interview erzählt der Vater von Greta Thunberg von der Zeit
vor dem Klima-Streik. Am meisten Sorgen bereitet ihm, was Anhänger und
Gegner aus seiner Tochter machen.
Als guter Vater sollte man seine Kinder eigentlich unterstützen, doch
Svante Thunberg, dessen Tochter Greta im vergangenen Jahr das Thema
Klimawandel auf die ganz große Tagesordnung gesetzt hat, hat das
zunächst einmal nicht getan. Als die 16-Jährige im vergangenen Jahr
begann, freitags die Schule für das Klima zu bestreiken, unterstützte er sie
erst einmal nicht, bekannte Thunberg nun in diesem Interview mit der
britischen BBC.
Dies habe sich allerdings schnell geändert, da er gesehen habe, wie
glücklich dies seine zuvor von Depressionen und dem Asperger-Syndrom
geplagte Tochter machte. Schon "drei oder vier Jahre" vor dem Schulstreik
hätten Gegner Greta fertiggemacht, seine Tochter habe schließlich
sogar das Essen verweigert. "Es war der ultimative Albtraum", sagt Svante
Thunberg. Seitdem die Schwedin allerdings streikt und sich schließlich an
die Spitze der Klimabewegung gesetzt hat, hat sich ihr Wesen geändert.
Greta sei aufgrund ihrer Aktionen nun eine "sehr glückliche" Jugendliche.
Thunbergs Vater sorgt sich vor allem, dass Menschen seine Tochter instru-
mentalisieren könnten: "Die Fake News, all die Dinge, die Menschen um sie
herum erfinden. Und der Hass, den das erzeugt." Er lobt allerdings seine
Tochter für den Umgang damit; sie halte die Kritik "unfassbar gut" aus. Er
wisse nicht, wie sie das anstelle.
Da Greta kommendes Jahr 17 wird, will er sie nicht mehr auf jeder ihrer
Reisen begleiten. "Wenn sie mich braucht, werde ich versuchen, da zu
sein. Aber ich glaube, dass sie immer unabhängiger wird, und sie schafft
das auch alles großartig alleine."
(27
Greta lehnte sich allerdings auch teenagertypisch gegen ihre Eltern
auf. Sie habe ihre Eltern als "große Heuchler" bezeichnet, berichtet ihr
Vater. Daraufhin hätten er und seine Frau ihr Verhalten überdacht. Er
ernährt sich nur noch vegan, und Gretas Mutter reist nicht mehr mit dem
Flugzeug. Seiner Tochter habe diese Unterstützung und der Glauben an
ihre Werte "Energie und Kraft" gegeben.
Svante Thunberg begleitete seine Tochter in diesem Jahr, als sie über den
Atlantik nach New York segelte, um vor dem UN-Klimagipfel aufzutreten.
Für ihn geht es dabei allerdings nicht ums Klima. "Ich wusste, dass es das
Richtige ist. Aber ich habe es vor allem getan, um mein Kind zu retten. Ich
habe zwei Töchter, und sie sind das Einzige, was für mich wichtig ist!"
5.2 Und hier noch ein ausführliches Interview mit Greta Thunberg’s Mentor
Kevin Andersen, 56, Professor für Klimawandel und Energie an den
Universitäten Manchester und Uppsala.
Die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg hat eine ganze Bewegung ins
Rollen gebracht. Mittlerweile stehen ihr heute mehrere Berater zur Seite,
unter anderem der Klimatologe Kevin Anderson. Wie groß ist sein Einfluss?
Ein Interview von Claus Hecking im Spiegel Online.
Greta Thunberg ist derzeit die berühmteste Klimaschützerin der Welt. Für
ihre Kampagne der Schulstreiks an Freitagen hat die 16-Jährige in den
vergangenen Monaten nicht nur Zuspruch bekommen. Ein Vorwurf der
Kritiker: Die Schülerin formuliere nur das, was ihr Berater einflüsterten.
Kevin Anderson ist zumindest einer, auf den Greta Thunberg hört.
Manchmal zumindest. Wenn die Schwedin auf Nummer sicher gehen will,
bittet sie den britischen Klimatologen, ihre Redemanuskripte zu prüfen.
SPIEGEL ONLINE: Professor Anderson, Greta Thunberg hat erwähnt, dass
sie sich verständlicherweise auch Hilfe von Wissenschaftlern holt - und
dabei Ihren Namen genannt. Sind Sie also der Mann, der die wohl
formulierten Reden der 16-Jährigen schreibt?
Kevin Anderson: Was Sie aus dem Mund von Greta Thunberg hören, ist
das, worüber Greta Thunberg nachdenkt und was sie dann aufschreibt.
Sie ist nicht das Sprachrohr ihrer Eltern, einer PR-Kampagne oder von uns
Wissenschaftlern. Auch wenn das manche Leute nicht wahrhaben wollen -
allen voran einige schon ältere Männer.
(28
SPIEGEL ONLINE: Aber was ist dann Ihre Rolle?
Anderson: Greta schickt mir manchmal Manuskripte und bittet mich zu
prüfen, ob alles inhaltlich richtig ist. Manchmal diskutieren wir beide
natürlich auch über diesbezügliche Themen. Ich habe in den Gesprächen
mit ihr oft den Eindruck, mit einer jüngeren Kollegin unseres Instituts zu
diskutieren, aber nicht mit einer Jugendlichen. Greta weiß unglaublich viel
über den Klimawandel, und sie lernt ständig dazu. Neulich hat sie mir
einen ihrer Texte über Aerosole (heterogenes Gemisch aus Schwebe-
teilchen in einem Gas) geschickt.
SPIEGEL ONLINE: Schwebeteilchen, die vielleicht den Treibhauseffekt
mindern könnten?
Anderson: Ich fragte nach, woher sie diese oder jene Zahl habe. Darauf
schickte sie mir dann gleich mehrere Links und Zusammenfassungen aus
wissenschaftlichen Texten, die sie durchgearbeitet hatte. Einfach beein-
druckend für eine 16-Jährige.
SPIEGEL ONLINE: Wie sind Sie miteinander in Kontakt gekommen?
Anderson: Ich forsche und lehre auch in Schweden, an der Uni Uppsala.
Die Familie Thunberg sprach mich vor einiger Zeit an. Greta war schon
damals hochinteressiert am Klimawandel. Seit sie mit dem Streik ange-
fangen hat, stehen wir regelmäßig in Kontakt.
SPIEGEL ONLINE: Hört sie denn auf Sie?
Anderson: Nur wenn sie es für richtig hält. Ich habe gehört, dass ihr Vater
Greta mehrmals geraten hat, bestimmte Dinge nicht so hart zu sagen,
etwa als sie den Uno-Generalsekretär getroffen hat. Sie hat es trotzdem
genauso hart gesagt, wie sie es für richtig hielt. Greta schert sich wenig
darum, was andere von ihr denken. Sie nimmt keine Rücksicht auf
Befindlichkeiten von Interessensgruppen oder Politikern. Für mich ist sie
wie das Kind im Märchen "Des Kaisers neue Kleider", das ruft: "Aber er hat
ja gar nichts an." So ist es auch mit dem Klima: Wir emittieren immer
mehr CO2 - und reden uns das schön, beschwichtigen, zögern grosse
Veränderung hinaus. Aber Greta sagt, wie es ist. Eben deswegen wird sie
so verehrt. Und so verunglimpft - von denen, die keine Veränderung
wollen.
(29 SPIEGEL ONLINE: Aber kann eine 16-Jährige dieses hochkomplexe
Thema
überhaupt überblicken? Christian Lindner, 40 Jahre alt und Chef der FDP,
hat gesagt: "Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass
sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das
ökonomisch Machbare sehen. Dies sei eine Sache für Profis".
Anderson: Dann ist dieser Herr sicher schon einige Jahre in der Politik. Und
somit einer der Politiker, die versagt haben. Seit dem ersten Bericht des
Weltklimarats von 1990 wissen alle, dass sie die Emissionen senken
müssen. Aber bei Ihnen in Deutschland sind die Emissionen vor allem
durch Verkehr seither sogar gestiegen. Sie werden Ihr Klimaziel für 2020
klar verpassen. Es ist dumm von Politikern, Gretas vernünftige Statements
abzuqualifizieren, bloß weil sie eine Jugendliche ist.
SPIEGEL ONLINE: Aber sie ist doch keine Expertin.
Anderson: Sie ist sehr wohl Expertin - für Kommunikation. Sie schafft es,
Unmengen von Informationen zu prägnanten, einfachen, ehrlichen
Botschaften zusammenzufassen. Diese Expertise hat uns bislang gefehlt.
Greta erreicht Menschen, die wir Wissenschaftler nie erreicht haben, allen
voran Kinder und Jugendliche.
SPIEGEL ONLINE: Und müssen diese Jugendlichen denn unbedingt für
ihren Protest die Schule schwänzen?
Anderson: Es ist traurig: dass wir Erwachsene so versagen, dass die Kinder
es nun für nötig halten, die Schule zu schwänzen, um auf den Klimawandel
aufmerksam zu machen. Aber ich glaube, dass sie bei den Streiks eine
Menge lernen: über den Klimawandel, über Politik und darüber, sich zu
engagieren. Die Streikenden, die ich kenne, sind nicht faul. Das sind junge
Menschen, die sich Gedanken machen um die Zukunft.
SPIEGEL ONLINE: Greta Thunberg sagt: "Ich will, dass Ihr in Panik geratet".
Dies klingt nicht sehr wissenschaftlich.
Anderson: Sie meint damit nicht, dass wir wie kopflose Hühner herum-
rennen sollen. Sie meint die Art von Panik, die uns aus unserer Komfort-
zone holt. Nur ein Beispiel: Ist es nicht lächerlich, dass noch immer 1500
Kilogramm schwere Autos 80 Kilo schwere Menschen ein paar Kilometer
weit transportieren? Wir müssen unseren Lebensstil radikal ändern.
(30 SPIEGEL ONLINE: Viele Leute würden sagen: So ein Leben macht
keinen
Spaß.
Anderson: Macht es nur Spass, massenhaft fossile Brennstoffe zu
verheizen? Das ist doch traurig. Ich gehe in meiner Freizeit Rad fahren und
klettern. Man kann auch mehr Zeit mit den Kindern oder den Eltern
verbringen. Oder ein Bier mit einem Freund im Pub trinken. Und beim
Reisen gilt oft: Je langsamer Sie vorankommen, desto mehr erleben Sie. .
SPIEGEL ONLINE: In den vergangenen zwei Jahren wurden Greta Tunberg
eine grosse Anzahl Preise verliehen und sie durfte auch viele Ehrungen
entgegennehmen. Wie sehen sie diese Seite ihres Erfolges?
Anderson: Ich bin nicht sicher, ob das so hilfreich ist. Diese Preise gehören
zu einer Celebrity-Kultur. Meine Sorge ist, dass zu viele Menschen in Greta
eine Klima-Ikone sehen, die große Retterin. Sie kann nicht die Retterin des
Klimas sein - und sie selbst sieht sich auch nicht so. Ihre Rolle ist es, uns
Erwachsenen einen Spiegel vorzuhalten. Sie ist eine Impulsgeberin für den
Wandel. Wir dürfen nicht all unsere Hoffnungen auf Greta setzen.
Wir müssen selbst etwas tun. Dann können wir hoffen.
6. Kritische und anerkennende Aussagen von Wissenschaftlern und
Publizisten zur Person Greta Thunberg.
6.1 Hier einige kritische Aussagen zu Greta Thunberg:
- Wolfgang Thierse kritisierte, Thunbergs Aussage, Klima vertrage keine
Kompromisse, enthalte einen „antidemokratischen Affekt“, und merkte
an, dass Politik „nur Schritt für Schritt, immer auch auf dem Weg von
Kompromissen“ funktioniere. Ähnlich wie Thierse äußerte sich zuvor
auch der Naturfilmer David Attenborough.
- Der Historiker Niall Ferguson sieht generell die politischen Anliegen von
Thunberg kritisch und fasst seine Ansichten hierzu folgendermaßen
zusammen: „Ich will, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“
„Das ist nicht die Stimme der Wissenschaft. Es ist die Stimme der Anfüh-
rerin einer Endzeit- und Erlösungsbewegung.“
(Diese Kritik hat sich übrigens Greta Thunberg zu Herzen genommen und
sie will sich im 2020 nicht mehr so Emotional äussern, sondern sich
verstärkt mehr auf die Sachthematik fokussieren.)
(31
- Die Journalistin Bettina Gaus empfahl in der Tageszeitung, auch im
Hinblick auf die Nominierungen zum Nobelpreis, die Sechzehnjährige als
solche wahrzunehmen und den „beunruhigenden“ medialen Hype zu
hinterfragen, auch wenn sie ein Anliegen habe, mit dem es ihr bitterernst
sei, und sie den richtigen Ton treffe, um andere zu überzeugen und
mitzureißen. Die derzeit Thunberg entgegengebrachte Verehrung
erinnere an religiöse Erweckungserlebnisse, jedoch liege das Problem
nicht bei ihr, „sondern bei den vielen Leuten, die auf sie reagieren“.
- Und hinsichtlich Thunberg‘s Atlantiküberquerung per Segelyacht warf
Bettina Gaus die Frage nach deren Botschaft auf. Angesichts der Ziel-
setzung der Klimabewegung, die Menschheit zum Umdenken und zu
einer Änderung ihrer Lebensgewohnheiten zu veranlassen, wäre es
sinnvoller gewesen, wenn Thunberg „per Videokonferenz“ der Klima-
konferenz beigewohnt hätte. Dies hätte die konkrete Botschaft
vermittelt, dass Fliegen, Reisen für die eigene Zielsetzung nicht immer
erforderlich ist. Eine Reise per Segelyacht sei keine Alternative für
diejenigen, die z. B. aus beruflichen Gründen häufig reisen müssten.
- Malte Kreutzfeldt konstatiert, dass die Reise per Yacht als Symbol, mit
individueller Verhaltensänderung auch die Welt verändern zu können,
durch die Gesamt-CO2-Bilanz dieser in Frage gestellt wurde. Vielmehr
zeige es sich, dass manche Probleme nicht auf individueller Ebene,
sondern kollektiv, durch politische Maßnahmen gelöst werden müssten.
In diesem Sinne, als Appell an die Weltgemeinschaft, verstärkt in den
Klimaschutz zu investieren, könne ihre Reiseform dennoch ein starkes
Symbol für den UN-Klimagipfel sein.
6.2 Und hier diverse anerkennende Aussagen zu Greta Thunberg:
- Der Brite Kevin Anderson, Professor für Klimawandel und Energie an den
Universitäten Manchester und Uppsala, sagte in einem Interview: „Ich
habe in den Gesprächen mit ihr oft den Eindruck, mit einer jüngeren
Kollegin unseres Instituts zu diskutieren […] Greta weiss unglaublich viel
über den Klimawandel, und sie lernt ständig dazu“, und
antwortete auf
die Frage, ob sie auf ihn höre: „Nur wenn sie es für richtig hält.“
Konfrontiert mit einer Äußerung von Christian Lindner meint er zudem:
„Sie ist sehr wohl Expertin - für Kommunikation. Sie schafft es, Unmengen
von Informationen zu prägnanten, einfachen, ehrlichen Botschaften
zusammenzufassen.“
(32
- Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf äußerte, Thunberg habe klarer als die
meisten erkannt, was die globale Erwärmung für die Zukunft ihrer
Generation bedeute. Thunberg kenne die Wissenschaft und er würde sich
wünschen, „mehr Politiker wären so gut über die Klimaforschung
informiert“ wie Thunberg.
- Und der Klimaökonom Ottmar Edenhofer äußerte, dass Thunberg wie
auch ihre Mitstreiter „die wissenschaftlichen Fakten genau“ kennen
würden und es „mit dem Kenntnisstand eines durchschnittlichen
Bundestagsabgeordneten locker aufnehmen“ könnten. Er würde es
hierbei gerne auf einen vergleichenden Test ankommen lassen.
- Der Publizist Albrecht von Lucke sieht die Stärke der Auftritte Greta
Thunbergs vor allem in der „existenziellen Ernsthaftigkeit“ ihrer Sprache
begründet. Ihr Ton stimme mit dem Ernst der aktuellen Lage überein und
stehe in Kontrast zur Ironie, mit der eine „pubertäre Spaßgesellschaft“
Zukunftsangst begegnet. Thunbergs Forderung, die Situation zu erkennen
und danach zu handeln, analysiert von Lucke als „das einzig Vernünftige“.
- Felix Finkbeiner, Gründer von Plant-for-the-Planet, hebt hervor, dass es
Greta Thunberg gelungen sei, das Thema Klimakrise in die Mitte des
gesellschaftlichen Diskurses zu bringen. „Jetzt sprechen wir zum ersten
Mal über Monate jeden Tag über die Klimakrise. Und das ist ein unglaub-
licher Verdienst dieses jungen Mädchens!“
7. Greta Thunberg’s Auszeichnungen und Ehrungen 2018/19.
Eine einfach unglaublich grosse und vielschichtige Anzahl von Auszeich-
nungen und Ehrungen erhielt Greta Thunberg im Verlaufe der Jahre
2018 und 2019! Auch wenn in diesem Zusammenhang diese Celebrity
Cultur in Frage gestellt wird, finde ich es einfach erwähnenswert welch
breitgefächerte Interessenbereiche sie anspricht. Darum erlaube ich mir
hier eine Auflistung ihrer erhaltenen Auszeichnungen und Ehrungen:
• Mai 2018: Preisträgerin eines Schreibwettbewerbs zur Umweltpolitik, initiiert
vom Svenska Dagbladet.
• November 2018: Fryshuset-Stipendium als junges Vorbild des Jahres.
• 2018: Aufnahme in die Liste der 25 einflussreichsten Teenager des Jahres
des amerikanischen Nachrichtenmagazins Time.
(33
• 2019: Wichtigste Frau des Jahres in Schweden anlässlich des Internationalen
Frauentages nach einer Umfrage des Instituts Inizio im Auftrag der
Boulevardzeitung Aftonbladet.
• März 2019: Schwedische Frau des Jahres, ernannt durch die Organisation
SWEA (Swedish Women's Educational Association).
• März 2019: Neu geschaffener Sonderpreis Klimaschutz der Goldenen
Kamera. Thunberg widmete den Preis den Aktivisten im Hambacher Forst und
rief die Prominenten im Saal auf, ihren Einfluss zu nutzen, um sich für
Klimaschutz einzusetzen.
• April 2019: Ankündigung der Auszeichnung mit dem mit 500.000 NOK
dotierten Fritt Ords Pris gemeinsam mit einer norwegischen
Jugendorganisation. Ihr Preisgeld will Thunberg an die Greenpeace-Aktion
Menschen statt Öl weiterreichen.
• April 2019: Unter den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2019
der Time aufgenommen.
• April 2019: About You Award in der Kategorie Empowerment in Abwesenheit.
• 12. Juli 2019: Geddes-Umweltmedaille der Royal Scottish Geographical
Society. Damit würdigte die Gesellschaft ihren herausragenden Einsatz zur
Erhaltung und zum Schutz der natürlichen Umwelt und zur Entwicklung von
Nachhaltigkeit.
• 21. Juli 2019: Prix Liberté in Caen, der in Erinnerung an den D-Day im Juni
1944 von der Region Normandie vergeben wird, in der Gegenwart von
Weltkriegsveteranen. Thunberg verteilte das Preisgeld von 25.000 Euro an
vier Organisationen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen.
• August 2019: Ankündigung der Auszeichnung als Game Changer of the Year
des Gentlemen’s Quarterly.
• 16. September 2019: Ambassador of Conscience Award („Botschafter des
Gewissens“) von Amnesty International zusammen mit Fridays for Future.
• 10. Oktober 2019: Ehrendoktorin der Universität Mons.
• 29. Oktober 2019: Umweltpreis des Nordischen Rates (Entgegennahme
abgelehnt)
• 20. November 2019: Internationaler Kinder-Friedenspreis.
• 4. Dezember 2019: Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“). Ihr
Beispiel zeige, dass jeder die Macht habe, etwas zu verändern, so die
Begründung der Jury.
(34
Auch habe sie der politischen Forderung nach Klimaschutzmaßnahmen
weltweit Gehör verschafft und Menschen unterschiedlicher Lebensbereiche
dazu ermuntert, politische Maßnahmen zum Klimaschutz einzufordern.
• 7. Dezember 2019: Profil Mensch des Jahres.
• 11. Dezember 2019: Time Person of the Year.
8. Psychologen sind der Frage nachgegangen „Warum ist wohl Greta
Thunberg so ein willkommenes Objekt, um Kritik loszuwerden?“
Warum gibt es neben den weltweit abertausenden von jungen und älteren Menschen, die vom unermüdlichen Einsatz von der 17jährigen Greta Thunberg als
Klimaaktivistin beeindruckt sind, ebenso auch viele, die Greta’s Aktivismus nichts abgewinnen können. Dazu nachfolgend einige wirklich interessante und für mich nicht unbedingt überraschende
Antworten darauf:
Warum ist das so? Greta Thunberg ist einfach ein willkommenes Objekt, um Kritik loszuwerden: Dass die Klimaaktivistin Greta so feindselige Reaktionen auslöst, ist
zunächst unverständlich. Schließlich „tut Thunberg niemandem weh, sie ermahnt nur“, sagen Medienpsychologen. „Natürlich muss sie nicht glorifiziert werden, aber Hass ist im
Zweifelsfalle noch viel weniger angemessen.“ Trotzdem gibt es aus psychologischer Sicht verschiedene Gründe, die Menschen eben zu derlei Reaktionen treiben:
So ist für viele Kritiker Greta Thunberg einfach zu jung und zu unerfahren!
Sie passt ihnen nicht ins Bild: Die Klimaaktivistin stelle mit ihrer Jugend und Leidenschaftlichkeit, mit der sie für das Thema eintritt,
einen starken Gegensatz dar zu den großen, professionellen und häufig routiniert gewordenen „Macht&Elite“-Politikern, erklärt ein Psychologe. Dass eine junge Frau sich erdreiste, so
wichtig zu sein, um im Konzert der großen Politiker mitzuspielen, passe für viele nicht zusammen. Sie halten sie für zu jung und zu unerfahren.
Auch wird ihr von Kritikern immer wieder ihr temporäres Verlassen der Schule angekreidet! Diesen Punkt habe ich zwar bereits eingangs unter Abschnitt 1.
abgehandelt. Da ihr aber von den Kritikern immer wieder vorgehalten wird, die Schule zu vernachlässigen, halte ich den diesbezüglichen Sachverhalt hier einfach nochmals
fest:
Greta Thunberg war im Schuljahr 2018/2019 im Abschlussjahrgang der 9-jährigen Grundschule, die sie trotz ihres Schulstreiks mit hervorragenden Noten
abschloss.
(35
Denn Greta Thunberg‘s Schulzeugnis vom Mai 2019 hat wohl jede Menge Fehlstunden - und ist trotzdem exzellent. Greta Thunberg hat in diesem Schuljahr oft den
Unterricht geschwänzt. Kritiker warfen ihr dabei des Öfteren vor, dass sie die Schule vernachlässige. Nun hat die 16-jährige Klimaaktivistin ihr Abschlusszeugnis erhalten.
Die ersten drei Wochen des Schuljahrs ließ sie sich übrigens gar nicht im Unterricht blicken, danach fehlte sie jeden Freitag - und dazwischen immer wieder mal, wenn
irgendwo in Europa eine große Klimaschutzdemonstration oder ein Treffen mit Entscheidungsträgern und Meinungsmachern anstand. Aber geschafft hat Greta Thunberg die Schule trotzdem. Und das nicht
irgendwie!
So hat also die derzeit prominenteste Schulschwänzerin der Welt die Pflicht-schulzeit jetzt hinter sich gebracht. In Schweden haben nun die Sommerferien begonnen,
und auch Greta Thunberg hat die neunte Klasse der Kringlaskolan in Södertälje bei Stockholm abgeschlossen. Dies sogar mit Bravour - denn trotz der vielen Fehlstunden sind ihre Noten
exzellent!
Wie die schwedische Zeitung "Dagens Nyheter" berichtet, hat Greta Thunberg in 14 von 17 Fächern ein "A" bekommen. Diese Bestnoten erhielt
die 16-jährige Klimaschutzaktivistin und Sprecherin der "Fridays for Future"-Bewegung demnach unter anderem in Mathematik, Englisch, Französisch, Physik und Geschichte. Nur
die Fächer Schwedisch, Sport und Verbraucherkunde schloss sie dem Bericht zufolge mit einem "B" ab, das ist aber auch so noch die zweitbeste Bewertung.
Die Kringlaskolan hat sich auf Jugendliche, wie Greta Thunberg, spezialisiert, die mit der Diagnose des Asperger-Syndrom, eine Form des Autismus, leben
müssen. Mit diesen ausgezeichneten Noten widerlegt Greta Thunberg ihre Schulstreik-Kritiker: Die warfen ihr immer wieder vor, sie lasse die Schule schleifen. Woraufhin Greta entgegnete, sie hole
den gesamten verpassten Stoff jeweils in Heimarbeit nach. Dies hat sie nun also tatsächlich getan.
"Ich habe wirklich dafür gekämpft, diese Noten zu kriegen", zitierte "Dagens Nyheter" die Aktivistin. Hätte sie nicht gestreikt, wäre ihr Zeugnis
womöglich noch besser ausgefallen, erklärte Thunberg: "Aber das war es wert."
(36
Am Ende Mai 2019 kündigte sie am Rande der Demonstration in Wien an, nach dem Abschluss zunächst ein Jahr die
Schule auszusetzen (Gap Year), da sie Klimaaktivismus und Schulbesuch nicht vereinbaren könne. Eine weitere Schulpflicht gilt für sie nicht mehr, denn diese endet in Schweden - wie in den meisten
anderen europäischen Ländern auch - nach neun Jahren! Ab dem Schuljahr 2020/2021 will aber Greta Thunberg nach eigenen Angaben ein Gymnasium besuchen!
LA: Ich hoffe nun, dass die stetigen Kritiker von Greta Thunberg, auch bei diesem Thema nun endlich mal die Klappe halten! Denn wer von
diesen ewigen Nörglern und Besserwissern hat wohl auch solche exzellente Noten am Ende seines 9. Schuljahres bekommen?
Auch die Leidenschaft von Greta ist den Leuten „suspekt"! Mit Leidenschaft für etwas einzutreten, irritiert die Menschen: „Vielen
Menschen gefällt nicht, dass jemand sich mit vermeintlicher oder echter Leidenschaft etwas annimmt“, sagen Wissenschaftler - und wieder andere fänden es sehr beunruhigend, wenn jemand mit
Überzeugung für etwas eintrete.
Und soziale Anpassung spornt natürlich viele an! Es ist doch einfacher gewissen Leuten von gleichgeschalteten Medien nachzuplappern, als sich selber in
alternativen Netzwerken zusätzlich zu informieren: Äußerungen in sozialen Medien verleiten andere Menschen dazu, sich selber in ähnlicher Richtung mit den übernommenen Kommentaren
zu outen. Dies anstatt sich selber mit Recherchen über viele andere uns zur Verfügung stehende Kanäle zu informieren.
LA: Und dies ist eigentlich mit der Hauptgrund, wenn ich mich dann halt bei allzu impulsiven und lautstarken Diskussionen - wo dann auch
nicht mehr mit Sachargumenten auf Kritik und Anerkennung der Thematik eingegangen werden kann - sukzessive zurückziehe!
Störenfriede haben in meiner Umgebung nichts zu suchen: Die vielen Otto-Normalbürger möchten lieber ihre Ruhe haben, Störenfriede mögen die
meisten nicht. „Die Leute fühlen sich gestört, weil ihnen Leidenschaft suspekt ist und weil es sie stört, für etwas außerhalb von der doch für sie klar gegliederten Gesellschaft
einzutreten.“
(37
Und frustrierte Bürger gibt es leider überall: „Auch in vielen europäischen Ländern haben wir eine extrem gereizte Gesellschaft, die in vielerlei Hinsicht
frustriert ist, die annimmt, dass man ihr etwas wegnehmen könnte und die sich Ventile sucht.“ Menschen, die frustriert sind, bräuchten Sündenböcke, gegen die sich der Hass wenden könne.
„Das können zB heute Sozialhilfeempfänger sein, das können morgen Flüchtlinge sein“, erläutert der Psychologe. Und gerade einzelne Personen wie Greta Thunberg böten sich für eine solche
Frustkanalisierung besonders an.
Es besteht heute ganz allgemein ein übergreifender Generationskonflikt:
Viele Wissenschaftler sehen nämlich einen heute übergreifenden Generationskonflikt hinter dem Klimaprotest: „Es ist weniger das Thema Klimaschutz als die
Tatsache, dass so wenig passiert ist. Es ist ein Widerstand gegen die Passivität der Politik und auch gegen ihre Kurzsichtigkeit, ihre Gegenwartsfixierung. Greta Thunberg und viele mit ihr haben
verstanden, dass hier eine ältere Generation auf Kosten der jungen Leute lebt, nicht handelt und Dinge, die unbedingt zu tun wären, einfach immer wieder aufschiebt.“
„Stellvertretend für die Klimadebatte auf eine Person einzuprügeln, ist immer einfacher, als sich auf Sachargumente zu konzentrieren“, sagt
der Psychologe. Viele, die die Klimadebatte generell ablehnen, fänden in Thunberg ein willkommenes Objekt, um ihre Kritik loszuwerden. Statt auf Sachargumente einzugehen und sich unbequemen
Wahrheiten zu stellen, suchen Menschen lieber die Fehler von Greta Thunberg, um sie zu diskreditieren.
Natürlich spiele dabei auch die Sorge vor Veränderung des Status Quo eine Rolle: Einerseits gebe es die Angst vor der negativen Veränderung und dem Verlust.
Andererseits sorgten sich viele auch darum, „dass man sich da, wo man sich doch bequem eingerichtet hat, nun über eine andere Generation oder die zukünftige Gesellschaft Gedanken machen
muss“!
Gerne werden zu dem Trivialitäten aufgeblasen und Schwachstellen gesucht: „Die Diskrepanzen veranlassen dazu, sich wieder zufrieden
zurückzulehnen und zu sagen: Ja, wenn die das schon nicht machen, dann muss ich ja auch nichts unternehmen. Und das ist eine heuchlerische und fast
schon zynische Argumentation, wenn ich meine eigene Verhaltensweise erst dann hinterfrage, wenn sich die anderen zu hundert Prozent konsequent moralisch verhalten haben.“
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Auch das sei ein in der Psychologie bekanntes Phänomen. „Man verlagert die Verantwortung auf andere und ist damit raus. So wäre es in der Weltgeschichte
allerdings nie zu Veränderungen gekommen, wenn jeder nur gesagt hätte: Warum sollen gerade wir damit anfangen.“
LA: Das muss nun an dieser Stelle einfach noch sein! Abschliessend gestatte ich mir mein persönliches
Resümee an alle grimmigen und aggressiven Greta Thunberg-Kritiker: „Es ist wohl eher das schlechte Gewissen, dass euch antreibt, irgendwelche
Schrott-Meinungen - ohne euch vorher richtig zu informieren - zu verbreiten!“ Also ich persönlich ziehe den Hut vor Greta, die sehr viel Zivilcourage
zeigt und sich nicht beirren lässt von solch bösartigen "nachgeplapperten" Hass-Kommentaren.
- „Diese kleine Person ist einfach grossartig!“
3. Januar 2020
Franz X. Lang / SY KYORY / Switzerland