Beim Umweltschutz kommt man um einen Hauptverursacher der Luftverschmutzung nicht herum: Es sind dies die Redereien mit ihren Kreuzfahrt- und Frachtschiffen!

Dabei herrscht in diesem Business eine verheerende Klimabilanz, denn das Fahren unter Billigflaggen und ein unkontrollierbarer Massentourismus spielen dabei die Hauptrollen: So haben Kreuzfahrten seit Jahren ein grosses Imageproblem! Und ohne Gegenmaßnahmen werden vor allem die klima- und gesundheitsschädlichen Abgase von Kreuzfahrt- und Frachtschiffen im Jahr 2020 die Emissionen aller anderen Quellen übertreffen! Und diese Abgasmengen müssen nun bald und zwar recht deutlich reduziert werden!

Es war einmal ein Traumschiff!
Dabei hatte doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts einst alles so klein und unschuldig angefangen! Aber vorher möchte ich meinen Blog-Lesern, bevor ich auf das Hauptthema dieser Umweltverschmutzung auf den Meeren eingehe, etwas aus der Entstehungsgeschichte der ersten Kreuzfahrten sowie auch aus der heutigen Zeit erzählen.
Dabei finde ich hier vor Moorea, während unserer CV19-Pandemie-Zeit, noch ein weiteres Zeitfenster um mich auch diesem mit dem Klima/ Umweltschutz eng verwandten Thema auseinander zu setzen!

Was würde wohl den Gästen der USS Quaker City, dem vermutlich ersten „Kreuzfahrtschiffchen“ bei ihrer "Pleasure Excursion" im Jahre 1867 durch den Kopf gehen - stünden sie jetzt, eine Zeitmaschine würde es möglich machen, an Bord des heutigen Luxusliners Symphony of the Seas, einer Kleinstadt mit Kiel?
- Vermutlich würden sie eh einfach sprachlos in Ohnmacht fallen?

Denn auf der 300 Meter langen und 50 Meter hohen Symphony of the Seas, diesem derzeit größten, der immer größer werdenden Kreuzfahrtschiffe die heute die Ozeane durchpflügen gibt es unter anderem: 6 Stockwerke, Platz für 9000 Menschen an Bord, verschiedene Restaurants, Kinos und Theater, auf Deck ein Fun-Park mit Kletterareal, Zip-Line, und man glaubt es nicht, über jedem Kinderbett ist ein Flachbildfernseher eingebaut! - Wie wunderbar?! Oder einfach wie dekadent?!

Aber an Bord der alten Quaker City, einem 70 Meter langen Raddampfer, der zuvor im Amerikanischen Bürgerkrieg gedient hatte, lag damals der musikali-schen Umrahmung das Plymouther Gesangbuch zugrunde! Wir wissen das, weil der amerikanische Schriftsteller Mark Twain diese im 1867 vom Prediger Henry Ward Beecher mitorganisierte "Pleasure Excursion" begleitete. Ansonsten, schreibt Twain in seinem zwei Jahre später erschienenen Reisetagebuch "The Innocents Abroad", dass die  Freizeitgestaltung auf dieser Vergnügungsreise vor 153 Jahren soweit überschaubar war: "Es wurde etwas gelesen, viel geraucht und viel gehäkelt!"
Auch über Jahrzehnte danach galt die Kreuzfahrt mit einem Ozeandampfer weiterhin als eines der mondänsten Vergnügen überhaupt! Man muss aber diese Frühzeit der Kreuzfahrt nicht verklären, denn an Bord solcher Dampfer befanden sich nur einige wenige Auserwählte.

Und das ist wohl auch der größte Unterschied zur heutigen Zeit, in der das Erlebnis, mit dem Schiff die Welt bereisen zu können, der Allgemeinheit offensteht. Gemäss dem internationalen Kreuzfahrtverband Clia, mit deren derzeit etwa 450 die Meere befahrenden Kreuzfahrtschiffen, betreuten sie allein im 2019 gegen 30 Millionen Passagiere! Davon entfallen 18 Millionen auf die Kreuzfahrtverrückten Amerikaner. Aber auch aus Europa haben einige das schippern auf See mit dem dargebotenen Luxus lieben gelernt: So gingen aus Deutschland 3.1 Mio. Passagiere an Bord, aus Österreich 160 Tsd. und aus der Schweiz 180 Tsd.!
Wer schon damals an Bord der Quaker City gelassen wurde, hatte nicht nur genug Geld, sich eine solche Reise leisten zu können. Er verfügte vor allem auch über die nötige freie Zeit - denn ganze fünf Monate war die Reisegesellschaft unterwegs: Ein eindeutiger Luxus der Oberschicht!

Diese damalige Tour, als Hauptorganisator fungierte die britische Reederei Peninsular and Oriental Steam Navigation Company (P&O), brachte dabei touristische Pilger von New York aus über London bis nach Jerusalem, das man über Jaffa erreichte. Mark Twain beobachtet damals seine Weggefährten an Bord nicht ohne Ironie. So schreibt er unter anderem: "Mit ‚Stolz‘ habe er feststellen dürfen, dass sich unter unseren Reiseteilnehmern drei Pfarrer, acht Doktoren, achtzehn Damen, verschiedene Militär- und Marinehäuptlinge mit klingenden Titeln und eine reiche Ausbeute an Professoren verschiedener Art befanden!"
                                                
Vermutlich hätten die Quaker-Leute, die man sich im Mantel im Liegestuhl liegend vorstellen muss, wo ihnen von einem Steward Bouillon gereicht wurde - angesichts der leicht bekleideten Gäste in den Liegestühlen und Einkaufs-passagen eines heutigen Kreuzfahrt-Riesen wohl die Nase gerümpft und sich gefragt: "Was wollen denn diese entarteten Passagiere hier?"

Übrigens galt auf einem Kreuzfahrtschiff das Herumlaufen in Badekleidung bis in die 1960er-Jahre hinein als unschicklich. Auch für die Herren war in diesen Jahren noch Jackett und Krawatte angesagt und die Damen nahmen leichte, gern helle Baumwollsachen mit auf die Kreuzfahrt. Vor dem Ersten Weltkrieg hatten die Gäste, selbst wenn es in tropische Gewässer ging, gar lange Roben und hochgeschlossene Blusen zu tragen!
Das Volk an Bord mag zwar heute weniger elitär sein, dafür ist es allemal reise-erfahrener als Mark Twains Pilgertouristen von 1867. Sein Dampfer Quaker City brachte "die Arglosen im Ausland" vorerst über England und Griechenland nach Konstantinopel (dem heutigen Istanbul) bis nach Ägypten! Dann folgte: "Das Heilige Land!" Die Route der Quaker City sollte später über einige Jahrzehnte der „Mittelmeerklassiker“ werden. Die ersten Kreuzfahrt-Touristen folgten in etwa der Tradition dieser Grand Tour, die dann über Jahrzehnte vermögende Europäer in diese Weltregion führte.

Aber vergnüglich waren diese Reisen oft nur dem Namen nach. An Bord war es stickig und eng, Klimaanlagen in Kabinen und Gemeinschaftsräumen waren erst in den 1960er-Jahren üblich. Mit elektrischen Ventilatoren und Fächerwedeln aus Segeltuch, die in den Speisesälen hingen, versuchte man Abhilfe zu schaffen - was mal besser, mal schlechter gelang. In seinem Buch "Kreuzfahrtträume" zitiert Boris Dänzer-Kantof den französischen Reisenden Abbé Huard, der 1903 Trinidad erreichte und klagte: "Diese Hitze nimmt einem jede Energie; man muss dauernd schwitzen und rufen: Ach, ist das hier heiß!" Die ersten Pools sind aus Wachstuch, das im Vorschiff aufgehängt, täglich mit frischem Meerwasser befüllt wird und so Abkühlung verspricht. 1927 baut die britische Reederei Blue Star Line die Arandora Star, das erste Passagierschiff mit Swimmingpool!
                                                        
Sehr früh schon versucht auch Albert Ballin, der junge Direktor der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag), seinen anspruchs-vollen Gästen "dieselbe Bequemlichkeit zu sichern, wie sie nur ein erstklassiges Hotel zu bieten vermag: Vor allem geräumige Kabinen, keine Stockbetten mehr, elektrisches Licht und Badezimmer in der Koje!“ Ballin war es auch, der am
22. Januar 1891 die Augusta Victoria von Cuxhaven aus zu einer 57-tägigen Mittelmeerkreuzfahrt auslaufen liess. Unter den Gästen waren Rittergutsbesitzer, Kommerzienräte, Bankiers. Sogar Kaiser Wilhelm II. hatte dem Schiff zuvor seine Aufwartung gemacht. Diese Reise, deren Teilnehmer nun nicht mehr pilgerten, sondern aus reiner Lust am Erkunden der Welt 2400 Goldmark bezahlten, gilt als erste richtige Kreuzfahrt der Geschichte!
Ballins Idee war dabei genial. Bis dato hatten Schiffe schlicht die Aufgabe, Passagiere und Fracht zu befördern. Vor allem der Transport von Auswanderern Richtung Amerika war eine Goldgrube für die Reedereien - so lange, bis die USA 1921 zum ersten Mal eine Einwanderungsquote einführten und den Zuzug begrenzten. Auch die Augusta Victoria war zuvor zwischen Hamburg und New York hin und her gependelt. Während der stürmischen Wintermonate aber hatten die Schiffe im Hafen gelegen. Mit solchen "Excursionen" in ruhigere, wärmere Gewässer konnte man dann so die Flotte auslasten und das ganze Jahr über Geld verdienen! Auf die Teilnehmer warteten Landgänge, welche die Hapag mit Städtebesuchen erweiterte.

Doch nicht nur die warmen Regionen, das Mittelmeer, die Karibik, wurden bereist. Schon früh faszinierten auch Eis und Kälte. 1875 organisierte das Reisebüro Thomas Cook seine erste Europa-Kreuzfahrt nach Norwegen, zur Mitternachts-sonne am Nordkap. Kaiser Wilhelm II. war von Skandinaviens wilder Landschaft so angetan, dass es bald auch den europäischen Adel und das Großbürgertum auf "Nordlandfahrten" zog. Die elitären Erkunder kamen bis nach Spitzbergen, besichtigten Gräber von Walfängern aus dem 17. Jahrhundert oder schossen Rentiere, Walrosse und Polarfüchse.
Auch das Essen spielte - ähnlich wie heute - von Anfang an eine große Rolle. Je gehobener das Publikum, umso üppiger und luxuriöser wurde aufgetischt. Eine Speisekarte wie die der Reederei Hamburg Süd aus dem Jahr 1929, als die Monte Cervantes Richtung Norwegen aufbricht, ist da eher ungewöhnlich:
Zum Frühstück (sieben bis acht und acht bis neun Uhr) gibt es Hafergrütze und wahlweise Rührei oder gekochte Eier. Zum Mittagessen - ebenfalls in zwei Schichten serviert - wird Kraftbrühe und Schweinskarbonade gereicht.
Am Nachmittag darf man sich dann auf der Monte Cervantes auf Bienenstich freuen, am Abend auf Frankfurterli mit Sauerkraut. Wobei die Hamburger mit den bodenständigen Speisen sicher gut gefahren sind!

Auch heute wird man auf keinem Schiff am "All-inclusive-Buffet" Pommes und Pizza vermissen. Nur ist die Auswahl in Zeiten, in denen Schiffe mit riesigen Kühlräumen und Reifeschränken fürs Dry Aged Wagyu-Rind bestückt werden, wesentlich größer. Auf der Symphony of the Seas gibt es ein mexikanisches Restaurant, das "Wonderland" mit "experimenteller Küche", eine "Seafood-Brasserie" und das "Solarium Bistro", damit ja niemand auf Austern verzichten muss!

Die Pionierzeit der Kreuzfahrt endete mit dem Ersten Weltkrieg, als die Schiffe nicht mehr Touristen, sondern Soldaten und Waffen transportieren mussten. Doch bereits ab 1920 begann eine neue Ära - die Demokratisierung der Kreuzfahrt! In den USA wurde der Verkauf von Alkohol verboten und die Reedereien erfanden zu dieser Zeit die "cruises-to-nowhere"; für ein Wochenende oder drei, vier Tage schipperte nun auch die amerikanische Mittelschicht bei diesen "Kreuzfahrten nach Nirgendwo" über den Atlantik.
Die sogenannten "Booze cruises" (Zechtouren) wurden auch noch nach dem Ende der Prohibition 1933 fortgesetzt, zum fröhlichen sich Betrinken an der Bar, das vor allem männliches Publikum anzog. Es gesellten sich nach und nach Vorführungen an Bord - Shows mit Zaubereinlagen, Konzerte und Revuen. Bis dahin waren die Vergnügungen auf Deck reiner Zeitvertreib und vergleichsweise brav gewesen: „Man ließ kleine Holzpferde um die Wette rennen, Paare schoben beim Shuffleboard runde Scheiben übers aufgemalte Spielfeld, die Männer übten sich im Sackhüpfen oder Tauziehen, und alle durften die verschiedenen Varianten des Geschicklichkeitslaufs ausprobieren, vom Kartoffel- über den Zigaretten- bis hin zum Krawattenlauf!“
Aber schon bald änderte sich nicht nur das Bordprogramm grundlegend. Sondern auch das Selbstverständnis der Kreuzfahrt. Man reist nicht mehr, um an Orte zu gelangen, die man erkundete, an denen man sich erfreute, durch die man sich bildete. Das Schiff selbst wurde nun Ziel des Urlaubs!

Die deutschen Reedereien begannen Mitte der 1920er-Jahre, Kreuzfahrten auch für die gehobene Mittelklasse anzubieten. Solche "Pauschalkreuzfahrt" entwickelte etwa die Reederei Hamburg Süd; die Ausstattung der Schiffe, die gebaut worden waren, um Auswanderer in die USA und nach Südamerika zu bringen, war funktional: Die Kabinen hatten bis zu acht Kojen, es gab sogar Schlafsäle an Bord, keine erste Klasse, und das Trinkgeld war im Preis inbe-griffen!

Die Nationalsozialisten sahen sofort die Propagandamöglichkeiten, die sich ihnen hier boten: Sie charterten schon 1934 einen Großteil der Schiffe, die bis dato für deutsche Reedereien im Einsatz waren. "Kraft durch Freude" (KdF), das Freizeitgestaltungs- und Überwachungswerk des NS-Regimes, liess später zwei eigene Schiffe bauen, die Wilhelm Gustloff und die Robert Ley. 25 Millionen Reichsmark investierte man in das Prestigeobjekt Wilhelm Gustloff, benannt nach ihrem zum Märtyrer stilisierten Leiter der NSDAP-Auslandsorganisation in der Schweiz, den 1936 ein jüdischer Student aus Protest gegen den Rassismus des Regimes erschossen hatte. Schon beim Bau des Schiffes hatte man darauf geachtet, dass es leicht in ein Lazarettschiff umzuwandeln sein würde - in alle Aufzüge passten Krankenbetten!
Bei der viel zu spät angeordneten Evakuierung Ostpreußens 1945 hatte die Wilhelm Gustloff, ausgelegt auf 1500 Passagiere, neben etwa 1500 Wehr-machtsangehörigen noch ungefähr 8000 Flüchtlinge an Bord. Als sie am 30. Januar 1945 vor der Küste Pommerns von einem sowjetischen U-Boot versenkt wurde, starben mehr als 9000 Menschen!
Bei Urlaubsreisen mit der KdF in den Jahren zuvor gaukelte man den Teilneh-mern heile Welt vor. Es ging auf die Kanaren oder, in Kooperation mit dem italienischen KdF-Pendant Opera Nazionale Dopolavoro (Nationales Freizeit-werk), nach Libyen, eine Kolonie des faschistischen Italien. Gern gebucht war Norwegen, obwohl die Reisenden nur die Natur bewundern konnten, nicht aber an Land gehen durften. Die Reisen mit der "Flotte des Friedens" waren günstig: 60 Reichsmark kostet eine fünftägige Fahrt zu den norwegischen Fjorden, Anreise mit der Bahn inklusive. An Bord gab es Gruppenspiele und Tanzabende, aber auch Überwachung und Indoktrination: Über die Laut-sprecher der Wilhelm Gustloff ertönten Führerreden, Vorträge behandelten Themen wie "unsere ehemaligen Kolonien" und Gestapo-Leute waren als "Hilfsreiseleiter" anwesend. 
                                                        
Der Zweite Weltkrieg war verständlicherweise eine Zäsur: Ein Drittel der Passagierschiffe wurde zerstört und zugleich kam dann noch die fliegende Konkurrenz auf. Denn als schick und mondän gilt plötzlich das Flugzeug. Von 1945 an baut Pan Am den regelmäßigen Passagierverkehr über den Atlantik aus und ab 1958 können die Maschinen die Strecke New York-Paris schon in achteinhalb Stunden zurücklegen. Von da an gilt: Wer es eilig hat, fliegt, das Jet-Zeitalter ist angebrochen. Das besetzte Deutschland darf ohnehin erst wieder ab den 1950er-Jahren an eigene Schiffe über den Atlantik schicken!

Dass das Kreuzfahrten-Geschäft seit den 1970er-Jahren wieder boomt, verdanken die Reedereien auch der Filmbranche. In den USA sitzt man abends auf dem Sofa und erwärmt das Herz vor dem TV am "Love Boat". Die Serie findet in Deutschland Nachahmung, im auch heute noch zu bewundernden "Traumschiff", das nun scon über Jahre traumhafte TV-Einschaltquoten garantiert. Naturgemäß geht es in diesem Dreamliner-Kosmos aus schneidigem Kapitän, Schiffsarzt und Chefhostess viel um Gefühle und Intrigen - und wenig um die Probleme, welche die Kreuzfahrt mit sich bringt, seit sie ein Massen-phänomen ist: „Dass ihr Schweröl den Meeren zusetzt. Dass kleine Hafenstädte auf Grönland oder Island von Tausenden Kreuzfahrern überrannt werden, die kaum Geld in den Orten lassen. Und die Bugwellen dieser Riesen Venedigs Fundamente erschüttern!“

Reaktionen einzelner Reedereien gibt es wohl! Aber insgesamt tut sich die Branche, die in diesem Jahr mit weltweit mehr als 30 Millionen Passagieren rechnet, schwer mit Umwelt- und Anwohnerschutz. Wichtiger ist, was das Massenpublikum heute will: „Die totale Unterhaltung!“
An Bord der Norwegian Bliss, die im 2019 in Dienst gestellt wurde, geht es wie verrückt, größer, bunter und lauter zu. 4000 Passagiere werden mit Spektakeln unterhalten, damit sie nicht merken, wie viele Menschen hier aufeinander sitzen. So finden sich darauf nicht nur 16 Bars und Lounges, ein Pool mit Loopings und eine Lasertag-Arena, sondern auch eine Gokartbahn. Dies aber „immerhin“ mit Elektrofahrzeugen!

Das Kreuzfahrt-Ranking vom 2019 des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) muss klar festhalten: Das betreiben von Kreuzfahrtschiffen ist und bleibt weiterhin eine schmutzige Sache!
Denn die meisten Kreuzfahrtschiffe belasten nach wie vor massiv die Umwelt!
Und lediglich bei Schiffen mit Flüssiggasantrieb (LNG) fällt die Bilanz etwas besser aus. Wobei diese Technik jedoch erst auf zwei Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz kommt.

Aber Kreuzfahrten boomen ununterbrochen und kaum ein Segment auf dem Reisemarkt hat solche Zuwachsraten. Es stehen derzeit weltweit über 440 000 Gästebetten auf solch schwimmenden Riesen zur Verfügung. Aber die Branche hat nun schon über Jahrzehnte ein ernsthaftes Imageproblem. Die Abgase der Schiffe belasten die Luft und unser Klima! Einige Reedereien reagieren, lassen Schiffe mit umweltfreundlicheren Antrieben bauen oder rüsten alte Technik um. Noch sind das allerdings nur vereinzelte Ausnahmen. Seit 2012 wird jährlich eine Studie mit dem Kreuzfahrtschiff-Ranking des NABU veröffentlicht. Nunn floss zum ersten Mal in das Ranking nicht nur ein, was die Schiffe für sauberere Luft tun, sondern auch, inwieweit sie das Klima belasten. Das Fazit: Das Gros der Branche setzt weiterhin umweltschädliches Schweröl ein und verzichtet auch auf Russpartikelfilter. Lediglich ein kleiner Teil der grossen Kreuzfahrer-Flotte werde etwas sauberer!
Dazu gehören leider erst zwei Schiffe, deren Motoren nun immerhin mit Flüssiggas (LNG) betrieben werden. Das reduziert auf diesen Pötten vor allem mal den Ausstoss von Stickoxiden deutlich. So war die Aida Nova der Aida Cruises, die vor kurzem vom Stapel lief, das weltweit erste Kreuzfahrtschiff mit LNG-Antrieb und führt somit das neue NABU-Ranking an. Dies gemeinsam mit der nagelneuen Costa Smeralda des italienischen Unternehmens Costa Crociere, die ebenfalls mit Flüssiggas fährt. Bis 2027 sollen weltweit insgesamt 26 neue LNG-Kreuzfahrtschiffe in Dienst gestellt werden, so die Ankündigungen der betreffenden Reedereien. - Noch fehlt es allerdings in vielen Häfen an der Infrastruktur, um überhaupt dieses Flüssiggas nachzuladen!
Dabei muss dabei leider festgehalten werden, dass mit Blick auf den Klimaschutz auch das vergleichsweise saubere Flüssiggas schlechte Noten bekommt. Denn ebenso wie Diesel ist es ein fossiler Brennstoff und hinterlässt einen stattlichen CO₂-Fußabdruck!                                                                  
Auf den nächsten Plätzen des NABU-Rankings folgen Schiffe der Reedereien Hapag Lloyd, Aida Cruises, Hurtigruten und Ponant. Ihnen halten die Umwelt-schützer immerhin noch zugute, dass sie Stickoxid-Katalysatoren einsetzen und ganz oder teilweise auf Schweröl verzichten - den billigsten und umweltschäd-lichsten Schiffstreibstoff! - Der Großteil der schwimmenden Hotels mit Traum-schiff-Image belaste jedoch weiterhin massiv die Umwelt!

Ergänzend müssen die Reedereien auch endlich was gegen den Over-Tourismus tun!
Denn der Kreuzfahrt-Tourismus presst Tausende von Urlaubern für kürzeste Zeit in Städte und erstickt dort das Alltagsleben. Das darf Veranstaltern nicht mehr egal sein. So stösst ein einziges Kreuzfahrtschiff mehr Schadstoffe aus als Hunderttausend Autos zusammen!

Dabei ging der NABU-Geschäftsführer Leif Miller bei der Vorstellung des neuen Rankings hart mit den Reedereien ins Gericht: "Gerade in den vergangenen zwei Jahren kann niemandem entgangen sein, unter welch enormem Handlungsdruck die Weltgemeinschaft angesichts der Klimakrise steht. Dennoch spülen die Redereien Jahr für Jahr weitere Riesenschiffe auf den Markt, die allesamt mit fossilen Kraftstoffen betreiben werden", sagte er.

Der Umweltverband fordert auch wiederholt die Regierungen auf, Kraftstoffe für die Schifffahrt nicht länger über Steuerbefreiungen zu subventionieren! Das Ziel müsse der flächendeckende Einsatz emissionsfreier Technologien sein. Doch bis Kreuzfahrtschiffe mit Elektromotoren über die Weltmeere kreuzen, ist es noch ein langer We! Denn längere Routen sind damit noch nicht zu bewältigen, Elektro-schiffe sind derzeit nur als Fähren auf kurzen Strecken im Einsatz. Die Hybrid-Technologie wäre eine Möglichkeit, auch auf Kreuzfahrten zumindest zeitweise auf fossile Brennstoffe zu verzichen.
So kombiniert zum Beispiel die norwegische Reederei Hurtigruten auf ihrem neuen Expeditionsschiff Roald Amundsen Diesel- und Elektroantrieb. Sensible Landschaften in Alaska und der Antarktis will man damit möglichst umwelt-freundlich ansteuern. Drei weitere Schiffe der Reederei sollen mit Akkupacks zu Hybrid-Schiffen umgerüstet und zusätzlich mit einem Landstromanschluss ausgestattet werden.
                                                 
Denn auch wenn sie im Hafen liegen, belasten viele der modernen Ozean-dampfer die Umwelt, weil die Motoren weiterlaufen! Das allerdings liegt nach Angaben des Branchenverbandes der Kreuzfahrtindustrie, der Cruise Lines International Association (Clia), nicht nur an der Technik an Bord, sondern auch an der Infrastruktur an Land. - In Europa gebe es mit Hamburg und Kristiansand in Norwegen nur zwei Häfen mit Landstromanlagen, weltweit seien nur 16 von 1000 angelaufenen Häfen entsprechend ausgerüstet!

Aber weiterhin presst der Kreuzfahrt-Tourismus  auf ihren Fahrten Tausende Urlauber für kürzeste Zeit in Städte und erstickt dort das Alltagsleben. Das darf den Veranstaltern nicht mehr länger egal sein.
Mit der neuen AIDAnova fährt nun so schadstoffarm wie derzeit kein anderes Kreuzfahrtschiff über sie See - wobei aber deren Antrieb mit Flüssiggas den einten oder anderen Haken hat. Trotzdem: Eigentlich könnten sich die etwa 6000 Urlauber auf der AIDAnova nun mit gutem Gewissen zurücklehnen, oder? Leider nicht, denn das Grundproblem der Kreuzfahrten löst auch der umweltfreund-lichste Antrieb nicht: Denn sobald diese Riesen-Schiffe irgendwo anlegen oder vor Anker gehen, werden sie zu einem Problem!
Dann verlässt nicht nur ein Urlauber seinen Liegestuhl und möchte vor allem Stadt und weniger Land und Leute kennenlernen, denn das ist in der Kürze der Zeit gar nicht möglich. Mit ihm gehen im schlimmsten Fall 5999 andere Touristen von Bord. Sie überschwemmen die Innenstädte vieler angelaufener Häfen, haben etwas Zeit für ein paar Selfies und vielleicht einige Souvenirs made in Asia, dann müssen sie schnellstens wieder zurück aufs Traumschiff!

Und das ist das grösste Kreuzfahrt-Problem! Wofür die Passagiere keine Zeit haben: Wirklich den Ort zu entdecken, an dem das Schiff vor Anker gegangen ist, und dabei Geld in Geschäften und in der Gastronomie zu lassen. Denn an Bord wird später eben nicht nur geschlafen, sondern auch "all-inclusive" gegessen!

Das treibt inzwischen nicht mehr nur die Bewohner bekannter Hafenstädte wie Venedig, Dubrovnik, Barcelona und Amsterdam vor Verzweiflung auf die Strassen, sondern sie versuchen sich nun mit Verboten zu wehren. Auch Bürger von Orten, die von Flusskreuzfahrern heimgesucht werden, beschweren sich sowohl über die dicke Luft als auch über einen Verlust an Lebensqualität!

Vielleicht wäre es eine Lösung, mit abgasarmen Schiffen nur noch über das Meer zu schippern und gar nicht mehr in Häfen anzulegen oder in Norwegens Fjorden vor Anker zu gehen? Einige Kreuzfahrten laufen ja eigentlich schon genauso ab! An Bord der Schiffe wird so viel Unterhaltungsprogramm geboten, dass es den Passagieren nicht langweilig wird. Außer sie wussten vorher nicht, dass Club-Urlaub auf See bei ihnen einen möglicherweise verschärften Lagerkoller auslösen kann! Trotzdem erfreuen sich doch die meisten Passagiere an Pools, Kletterwänden, Rutschen, Bars, Joggingstrecken (rings um den Schornstein!) und Gokart-Bahnen!

Doch die meisten Kreuzfahrten lassen sich nur über die Städte verkaufen, die angesteuert werden: Hier ist der Vorteil nicht (nur) das Bordprogramm, sondern dass man spannende Ziele entspannt erreicht, ohne ständig seine Koffer packen zu müssen. Doch damit diese Bequemlichkeit nicht auf Kosten der besuchten Städte geht, müssten nicht allein dort Strategien gegen Overtourismus entwickelt werden, sondern endlich auch in den Chefetagen der Redereien! Ansonsten würde in diesen Städten diese Touristen vermutlich von niemandem vermisst werden!

Kreuzfahrt-Touristen haben nun mal einfach nicht den besten Ruf: Sie fallen mehrheitlich in Massen ein, kaufen bestenfalls ein Eis, ein Getränk, vielleicht noch ein Billigsouvenir - und hinterlassen nur einen Haufen Müll. - So werden die Landgänge von Kreuzfahrtpassagieren gern geschildert, was den Konzernchef der Tui, Friedrich Joussen, nun zum Gegenschlag veranlasst hat.
Er habe nun einfach so langsam genug vom "Kreuzfahrt-Bashing", sagte Joussen vor Wirtschaftsjournalisten in München. Die angesteuerten Städte könnten sich doch schliesslich gezielt auf die Besucher einstellen und die  Besucherströme kanalisieren und lenken. "Denn Kreuzfahrtschiffe fallen doch nicht vom Himmel." Klar sei aber auch ihm: "Wenn eine Stadt sagt, sie will die Kreuzfahrtschiffe nicht, dann dürfen wir da auch nicht mehr hinfahren."
                                                               
„Begleitend ist es schon ein wichtiges Signal wenn bereits einige Städte sagen:
Bis hierhin und nicht weiter!" So plant Venedig Eintrittsgelder, Mallorca bestraft endlich die in Massen auftretenden Sauftouristen: „Solche Maßnahmen können in überlaufenen Urlaubsorten sicher sinnvoll sein, aber sie reichen vermutlich nicht aus!“ sagt ein bekannter Tourismusforscher!
Trotzdem sind die Reaktionen in den Städten noch sehr unterschiedlich: Während Venedigs Bürger sich zu Protestaktionen zusammenschließen, ist man in Genua offenbar froh über die Kreuzfahrtgäste. Eine Erklärung könnte bei diesem Beispiel sein, dass ärmere und strukturschwächere Kommunen eher auf die Ausflügler angewiesen sind als Städte, die ohnehin schon viele Besucher haben. Aber der Vorwurf: „Die Ausgaben der Passagiere an Land reichten gerade mal aus, um Müllabfuhr und Stadtreinigung zu finanzieren, ist wohl schon übertrieben!“

Aber vor allem die Gesetzgeber müssen nun den Mut haben endlich handeln!
Trotz des großen Handlungsdrucks, unter dem die Weltgemeinschaft angesichts der Klimakrise steht, spülen die Redereien Jahr für Jahr weitere Riesenschiffe auf den Markt - die auf wenige Ausnahmen mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Die Branche handelt absolut unzeitgemäss und verantwortungslos. Auch sind viele Schiffe heute mit einem Jahrzehnte alten technischen Standard unterwegs! Ein Skandal, denn die umfassende Reduktion von Luftschadstoffen ist heute technisch möglich. Es ist höchste Zeit, dass saubere Abgastechnik auf allen Schiffen verbaut wird und zur gesetzlichen Vorschrift für das Einlaufen in Häfen zu machen! Begleitend ist außerdem die Landstrompflicht in allen europäischen Häfen überfällig und auch beim Thema Antrieb bedarf es einer Wende. Um diese zu erreichen, müssen die gesetzlichen Bestimmungen verschärft werden. Die Steuerbefreiung mariner Kraftstoffe muss dringend beendet, die Anforderungen an Energieeffizienz der Schiffe angehoben werden! Nur so kann die Entwicklung und der flächendeckende Einsatz emissionsfreier Technologien auch in der Schifffahrt gefördert werden.

Eine neue Studie vom NABU-Partner Transport & Environment legt offen, wie stark europäische Hafenstädte durch Abgase von Kreuzfahrtschiffen belastet sind. Beliebte Reiseziele wie Barcelona und Venedig führen die Liste an. Der NABU fordert, die Regierungen sollten die dreckigsten Schiffe einfach aus den Häfen verbannen! Dabei gehen die meisten Luftschadstoffemissionen auf die Flotte des italienischen Branchenriesen Costa Crociere zurück, dicht gefolgt von MSC Cruises aus der Schweiz!
                                                    
Auch die Dimensionen der Luftverschmutzung wurden in der Studie noch einmal deutlich festgehalten: Demnach verursachten die Hamburg anlaufenden Kreuzfahrtschiffe mehr als anderthalb mal so viele Schwefeloxidemissionen wie die knapp 770.000 in der Hansestadt gemeldeten Pkw‘s! Die Stickoxidemissionen der Ozeanriesen entsprachen rund zwölf Prozent der Pkw-bedingten Abgas-belastung.

Der NABU fordert nun die Städte auf, schnellstmöglich dreckige Schiffe aus ihren Häfen zu verbannen! Zudem muss die Abnahme von Landstrom aus erneuer-baren Quellen zur Pflicht werden. Denn es ist nicht hinnehmbar, dass die Kreuzfahrtbranche weiterhin unerhörte Verschmutzungsprivilegien genießt und der Steuerzahler die teuren Landstromanlagen finanziert, die am Ende nicht genutzt werden. - Als Vorbild kann Norwegen dienen, hier wurde unlängst ein Einfahrverbot in Fjorde für Schiffe mit laufendem Verbrennungsmotor beschlossen, das ab 2026 greife. Wer das Weltnaturerbe vom Schiff aus bestaunen will, muss dann auch emissionsfrei unterwegs sein!

Erstmals kann die NABU-Studie die Verschmutzung auch konkreten Anbietern zuordnen. Die Untersuchung zeigt, dass der weltgrößte Kreuzfahrtkonzern Carnival Corporation im Jahr 2017 fast zehnmal mehr Schwefeloxide entlang Europas Küsten ausgestoßen hat wie alle 260 Millionen Pkw’s in Europa zusammen. Zum Carnival Konzern gehören Tochterfirmen wie AIDA Cruises, Costa Cruises oder die Cunard Line. Der zweitgrößte Kreuzfahrt-Konzern Royal Carribean Cruises, zu dem die deutsche TUI Cruises gehört, rangiert an zweiter Stelle mit viermal höheren Schwefeloxidemissionen. Schwefeloxide schaden der menschlichen Gesundheit und führen zur Versauerung von Böden und Gewässern! - Also werte Redereien und Politiker packt es endlich an!

6. März 2020
Franz X. Lang / SY KYORY / Switzerland