Teil 3: Zwei Geschichten von Seglerfreunden, die der am 1.7.2024 über Carriacou/Karibik hinwegfegende und nur Verwüstung hinterlassende Hurrikan Beryl schrieb!

Der Hurrikan Beryl verwüstet die Karibik-Insel Carriacou! 
Beim beschreiben dieser Horror-Geschichte, mit all den Verwüstungen die Beryl am 1. Juli vor allem auf Carriacou angerichtet hat, verzichte ich in diesem Beitrag auf das abspeichern von Fotos die direkt mit diesen einfach nur unglaublichen Geschehnissen zu tun haben! Nur so viel, 90% der Gebäude samt weiterer Infrastruktur und Plantagen wurden zerstört! Und zu den vielen dabei vernichteten Segelbooten, mit all den Träumen der Crews, erzähle ich in diesem Beitrag.

Carriacou bedeutet „Insel der Riffe“ und umfasst gegen 6.000 Einwohnern. Unter uns Seglern, ich hielt mich mit der KYORY im 2014 über mehrere Tage in Carriacou auf, gilt dieses Karibik-Eiland als Paradies. Die Bewohner sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit, die Hauptstadt Hillsborough mit ihren bunten, pittoresken Häusern versprüht karibischen Charme und in der Tyrell Bay liegen stets etliche Segelboote vor Anker und es gibt auch zwei Marinas mit Landliegeplätzen. Wer aus den traumhaften Grenadinen kommt, legt meist einen Stopp auf Carriacou ein, denn hier gibt es die Möglichkeit, ohne Probleme für Grenada einzuchecken. Gerade in der Hurrikan Saison galt bis anhin diese Insel im Süden der Kleinen Antillen soweit als sicher. Denn der letzte Hurrikan, der so weit südlich entlang zog, war Ivan im Jahr 2004. - Aber dieses Jahr sollte alles anders sein!
Es ist Montag der 1. Juli 2024, 11:10 Uhr Ortszeit, als der Hurrikan Beryl auf Carriacou nördlich von Grenada trifft. Wenig später liegt das Auge des Wirbelsturms genau über der kleinen Insel und einiges später hält Grenadas Premierminister fest: „In nur einer halben Stunde hat Beryl „die Insel plattgemacht“!

Dabei hatten bereits einige Tage zuvor die Wetter-Prognostiker auf der Grundlage der neuesten Satelliten-Wettermodelle seinen Kurs festgelegt und für Segelboot-Eigner wie auch für grössere Schiffe, die sich auf dem Weg des Wirbelsturms befanden, gab es drei Hauptlösungen:

- Sich nach Norden entfernen, um auf St. Lucia oder Martinique Schutz zu
  suchen, da diese beiden Inseln grundsätzlich zuverlässige Schutzmöglichkeiten 
  bieten.

- Sich nach Süden in Richtung Trinidad entfernen.
- Sichern der Boote vor Ort durch wirksame Massnahmen...!?

Nachfolgend halte ich fest, wie zwei meiner engsten Segler-Freunde, als Skipper mit ihren Katamaranen diese wirklich traurige Geschichte auf verschiedenste Weise angegangen sind. Dies beinhaltet auch die Tage vor dem Eintreffen von Beryl auf Carriacou, so bei der SILENCE noch in Antigua und bei der MELELANA direkt auf Carriacou:

Ein trauriges Schicksal traf Segler-Freunde auf Carriacou! 
Als erstes halte ich die Geschehnisse von Dave&Kim aus Florida mit ihrem heutigen Katamaran MELELANA fest. Die beiden lernten wir, Sandra und ich, wie viele andere unserer späteren Segler-Freunde gegen Ende 2015 in der Anker Bay Taha Uku in Atuona auf der Marquesas-Insel Hiva Oa, näher kennen! Denn in jenen Tagen war diese Anker Bay überfüllt mit Segelbooten, da vom 16. - 19.12.2015 das über Französisch Polynesien hinaus bekannte «Festival des arts» stattfand. Dieses alle vier Jahre auf einer anderen Insel durchgeführte Festival, mit grossartigen Tanz-, Gesangs- und Musik-Auftritten, fand diesmal in Atuona statt! Und ich kann hier einmal mehr festhalten, dass dieses unvergessliche Festival nicht nur bei Sandra und mir tiefe Spuren hinterlassen hat. Nein, denn neben der einheimischen Bevölkerung kamen viele Besucher von aussen dazu und wir Segler wuchsen in diesen Tagen zu einer wirklichen Langfahrten-Familie zusammen und noch heute haben immer noch einen regen E-Mail- oder WhatsApp-Austausch untereinander!

So suchten wir damals, je nach Vorführungen, jeweils schon nachmittags oder erst abends zu Fuss von unserer Anker Bay aus das Dörfchen Atuona, am Fusse des Berges Mont Temetiu (1’190m hoch), mit seinen ca. 1'200 Einwohnern auf. Bekannt wurde dieses Dorf als letzter längerer Aufenthaltsort von Paul Gauguin (1848-1903), Kunstmaler und Jacques Brel (1929-1978), Chansonier und Pilot, die ihre letzten Lebensjahre in Atuona verbrachten und auf dem Calvary-Friedhof begraben sind. Auch kann in zwei eindrücklichen Museen deren erfolgreiches Wirken bewundert werden. In diesem lieblichen Ort, der noch durch einem kleinen Flughafen ua mit der Hauptstadt Papeete auf Tahiti verbunden ist, haben Sandra und ich, während unserem 4monatigen Aufenthalt auch mit vielen Einwohnern angefreundet, die uns dann auch ans Herz gewachsen sind!

Und auch nach dem wir im 2.2016 mit der KYORY von Hiva Oa weg segelten, trafen wir die einten oder anderen hier gewonnen Langfahrten-Segler-Freunde immer wieder irgendwo in einer Bay der verschiedensten weiteren Inseln oder Atollen von Französisch Polynesien!
Leider verloren Dave&Kim ihren damaligen Katamaran MALUHIA vor vier Jahren an einem Riff in einem nördlich gelegen Atoll Polynesiens. Die beiden erstanden dann im 2022 in der Karibik einen neueren Gebraucht-Katamaran, den sie auf den Namen MELELANA tauften und in zeitintensiver Arbeit wieder auf Vordermann und somit Hochseetüchtig auffrischten. Und so segelten sie über die vergangenen zwei Jahre, immer mal wieder mit engen Familienmitgliedern als Gäste durch die karibischen Inseln.

Nun aber zu den Ereignissen Rund um den fürchterlichen Hurrikan Beryl mit der MELELANA mitten drin! Da Dave&Kim, wie auch ich, jeweils im Juni und Anfang Juli Geburtstag feiern können hatten wir natürlich in diesen Monaten gerade wieder einigen E-Mail-Kontakt untereinander. Dabei informierten sie mich, dass sie sich noch für einige Wochen in Carriacou aufhalten werden um dann im August Grenada anzulaufen. Dort wollten die beiden die MELELANA in der Grenada Marine zum Auftragen eines neuen Hard-Antifoulings für einige Tage an Land stellen. Da machts bei mir wieder mal «Kling», denn auch ich war genau vor 10 Jahren, im 6.2014 mit der KYORY für einige Wochen Gast auf der Hard dieser Marina um diverse Arbeiten zu erledigen!
Dave&Kim bewohnten dann gegen Ende Juni in Carriacou noch für 10 Tage eine Villa von engen Freunden, wobei sie die MELELANA direkt vor dem Haus an eine Mooring-Boje legen konnten. Und während diesen Tagen realisierten natürlich auch sie aufgrund der TV-News, dass da mit dem Hurrikan Beryl in Riesenschritten was fürchterliches voll auf Carriacou zusteuerte! Sie verschoben dann am 29. Juni die MELELANA in die nahen Mangroven und sicherten sie mittels 3 schweren Ankern und 6 starken 14er-Dyneema-Leinen auf Grund und an den Mangroven-Stämmen!

Dann zogen sich Dave&Kim wieder zurück ins Haus, denn keine zwei Tage später, am 1. Juli kurz nach 11:00, brauste das Hurrikan-Auge von Beryl heran und innert 30 Minuten wurden mit wenigen Ausnahmen auch die meisten der Boote, ob im Hafen, in den Marinas oder in den Mangroven fürchterliche Opfer dieses Jahrhundert-Hurrikans! Leider rissen dabei auch alle Ketten und Leinen, an denen die MELELANA gesichert war und sie wurde Kopfüber in die See geworfen.
Zwischenzeitlich hat übrigens bereits ein Gutachter ihren Katamaran aufgesucht und er musste Dave&Kim mitteilen, dass die Reparaturkosten den Bootswert übersteigen würden! Auch sie beide konnten dann in diesen Tagen feststellen, dass die meisten Katamarane kopfüber gedreht wurden, dies im Gegensatz zu den Monohulls die einfach versanken.
Dave&Kim hatten aber soweit auch Glück, dass die von ihnen bewohnte und stabil gebaute Villa ihres Freundes nur wenig Schaden genommen hatte und sie somit unverletzt blieben!

Als ihr Freund und Segler kann ich ermessen, wie viele Tränen da in Carriacou vergossen wurden! In den nachfolgenden Tagen engagierten sich dann Dave&Kim bei der Verteilung von Hilfsgütern und sonstigen Aufräumarbeiten! Und zwischenzeitlich sind die beiden zu ihren Familien nach Florida zurückgekehrt! Ich wünsche von hier aus einfach alles Liebe an die beiden und hoffe, dass sie dieses fürchterliche Ereignis sukzessive verarbeiten können!
-> Wie schon Vorgangs erwähnt, verzichte ich in diesem Beitragsteil auf das abspeichern von entsprechenden Fotos dieser traurigen Verwüstungen! Sollte aber jemand Interesse haben, findet man diverse Videos dazu auf YouTube!

Die Flucht vor dem Hurrikan Beryl nach Trinidad gerade noch geschafft! 
Nun halte ich nachfolgend noch die zweite, etwas anders verlaufene Geschichte aus jenen Tagen fest. Es sind dies die Erlebnisse von Kai&Andrea mit ihrem Katamaran SILENCE, die noch frühzeitig - wenn auch unter erschwerten Wetter-Bedingungen - gegen Süden segeln konnten.
Wir drei hatten uns bereits im 2014 in der Marina Puerto Calero auf der kanarischen Insel Lanzarote angefreundet, als wir damals unsere Boote für die Atlantik-Überquerung flott machten. Unser nächstes Wiedersehen war dann auf der Karibik-Insel Antigua, wobei wir anschliessend über einige Monate als «Buddys» bei stets paradiesischem Wetter die weiteren karibischen Inseln bis hinunter nach Grenada absegelten. Aus diesem herrlichen Karibik-Aufenthalt halte ich nachfolgend einige für mich unvergessliche Punkte fest:


Dazu musste ich aber in meinem Blog gleich zu dessen Anfang zurückblättern, denn im "Prickly Bay Marine-Restaurant" von Grenada unterstützte mich Kai im August 2014 als "PC-Doktor" beim definitiven Entstehen meiner KYORY-Website, wobei ich aber bereits am 16.6.2014 den ersten Blog-Beitrag unter "Kurze Fahrt von Union Island nach Carriacou" verfasst hatte.
In Grenada war es dann mit dieser einfach einmaligen
gemeinsame "Buddy"-Fahrt vorbei und am 26. August 2014 trennten sich wie vereinbart unsere Wege! Denn  die beiden segelten mit ihrer SILENCE wieder nach N, um dort eine der weiteren Kitesurfer-Saisons zu geniessen, wobei sie übrigens inzwischen bei unglaublichen 10 Saisons angelangt sind!  
Und ich machte mich dann am 12. September 2014, wieder ohne "Buddys", auf die Weiterfahrt gegen Westen zu den ABC-Inseln mit erstem Landfall auf Bonaire! - Es war zusammen mit der SILENCE-Crew eine einfach schöne und unvergessliche Karibik-Zeit und auch heute tauschen wir uns noch öfters über unsere E-Mail oder Homepages aus!

Nun aber wieder zurück auf Anfang Juni dieses Jahres, als die SILENCE-Crew noch auf Antigua sich überlegte, wo sie die kommende Hurrikan-Saison verbringen wollten. So waren sie in den letzten Jahren meistens bis Anfang August in Antigua geblieben. Das war zwar schon mitten in der Hurrikan-Saison, aber da sich in diesen Jahren die ersten Tropical Waves, meist aufgrund der noch zu niedrigen Wassertemperatur nicht zu einem Hurrikan entwickeln und somit von den Kap Verden eher Kurs auf die Grenadinen halten, war es oben in Antigua immer ziemlich ruhig.
Doch dieses Jahr im 2024 ist das etwas anders, denn bereits im Februar stellten Kai&Andrea fest, dass die Wassertemperatur auf 28 Grad angestiegen war, was normalerweise die Temperatur vom Juli ist. Deshalb und auch weil im Pazifik gerade La Niña herrscht (das bedeutet für den Atlantik dann meist verstärkte Hurrikan-Aktivitäten), gingen die beiden davon aus, dass es dieses Jahr eine aktivere Hurrikan-Saison geben wird. Und die Vorhersagen der NOAA bestätigten dies dann auch!
So entschied sich dann die SILENCE-Crew bereits Mitte Juni Antigua zu verlassen um ihren Katamaran bis hinunter ins 400sm entfernte aber sichere Trinidad zu segeln. Wobei übrigens Trinidad seit Beginn der Wetterauf-zeichnungen lediglich ein einziges Mal von einem Hurrikan getroffen wurde. Sie entschieden sich dann in der Trinidad-Werft Peake von Chaguaramas, ihre SILENCE von Ende Juni bis Ende Oktober an Land zu stellen.
Es folgten dann auf die beiden ab Antigua noch einige herausfordernde Segeletappen, dies mit Stopps auf Guadeloupe, Dominica (unsere Lieblingsinsel in der Karibik), Union Island, Carriacou bis vorerst nach Grenada in die Prickly Bay! Für die letzten 40sm nach Trinidad wurden ihre Nerven noch etwas strapaziert, um ein für sie günstiges Wetterfenster zu treffen, da jeweils auch eine starke Strömung zwischen Grenada und Trinidad/Tobago herrscht. Erst am 26. Juni konnten sie Grenada verlassen um dann einen Tag später «geschüttelt und gerührt» in den Hafen von Chaguaramas von Trinidad einzulaufen. Am 28. Juni erfolgte dann um 08:00 der erfolgreich verlaufene Haul-out in der Peake-Werft! - Dabei war dann die SILENCE eine von mehreren Yachten die erfolgreich Schutz vor dem Hurrikan Beryl in Trinidad fanden!

Und so konnten dann Kai&Andrea, von ihrem sicheren Platz an Land auf der Werft in Trinidad, die traurigen Geschehnisse des Hurrikans Beryl mitverfolgen, der dann nur drei Tage später am 1. Juli mit 240 km/h über Carriacou hinwegfegte und dabei diese unglaublichen Zerstörungen anrichtete!
Anschliessend verliessen dann die beiden am 10. Juli per Flugzeug zum ersten Mal seit 11 Jahren ihre SILENCE, um ihren wohlverdienten 3monatigen Deutschland-Urlaub anzutreten! - Liebe Kai&Andrea, ihr habt es euch diesen Urlaub mehr als verdient - viel Spass und gute Erholung in eurer alten Heimat!