Einsamkeit auf hoher See?
Und wie gehe ich nun mit der Einsamkeit um!
Nach einem Jahr auf See erlaube ich mir hier meine erlebten Eindrücke zu diesem Thema festhalten.
Für mich die wichtigste Erkenntnis daraus, Einsamkeit habe ich bis anhin auf See oder auch vor Anker so noch nicht verspürt. In keinem Moment fühlte ich mich zum Beispiel auf meiner ersten
Langstrecke während 28 Tagen und Nächten der über 3.000 Seemeilen führenden Atlantik-Überquerung einsam. Ich fühlte mich eins mit der Natur und so langsam begriff ich, was die unermessliche Weite
eines Ozeans bedeutet. Kein anderer Mensch weit und breit - nur wir beide, die KYORY und ich!
Neben meinen Hauptaufgaben auf der KYORY fand ich immer Zeit die mich umgebende Natur zu bewundern, mich in Romane oder Fachbücher zu vertiefen oder eben meine mich gerade
beschäftigenden Gedanken auf Papier zu bringen. Und da ich doch eher ein extrovertierter Typ bin, habe ich auch nie Probleme in einer Ankerbucht oder an Land soziale Kontakte zu pflücken. Und
überhaupt, ich kann mich doch auch in einer Gruppe einsam fühlen, wenn ich nicht verstanden oder akzeptiert werde. Aber dann auf See bin ich stets umgeben von der Lebendigkeit der Natur und werde
getragen von einer starken KYORY. Dabei gehe ich unter normalen Wetter- und Segelbedingungen einem einigermassen strukturierten Tages- und Nachtablauf nach. Als ich am 21.2.2014 in Las
Palmas endlich zu meinem grossen Abenteuer ablegen konnte, durchströmte mich schon ein zusätzlicher Adrenalinschub! Denn ab diesem Zeitpunkt kam es auf mich alleine an. Denn ich alleine schlage
meinen Rhythmus an, handle instinktiv - und muss mich mit niemandem abstimmen. Natürlich war das Ablegen für mich ein wirklich emotionaler und unvergesslicher Moment. Und was ich schon öfters
gelesen habe kann ich nur bestätigen: „Hat man es einmal geschafft loszukommen - hat man schon gewonnen!“ Also lebe ich weiterhin meinen Traum, vom Einhandsegeln zu fantasieren,
abzulegen, die Freiheit und Freude auf See zu spüren, die eigene Angst gezähmt zu haben - um später irgendwo, mit auch ein bisschen stolz, wieder zu ankern oder anzulegen.